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Krieg in Europa
Wie die Welt auf den Krieg in der Ukraine reagiert

Reaktionen auf die russische Invasion aus den Auslandsbüros der Stiftung
Kiev
© picture alliance / imageBROKER | Ferdinand Hollweck

Die Augen der ganzen Welt sind seit Russlands Angriff am frühen Donnerstagmorgen auf die Ukraine gerichtet. Der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine lässt die Stimmen auf anderen Kontinenten lauter werden. Ein Überblick unserer Auslandbüros, über die weltweiten Reaktionen zu Sanktionen, Verhandlungen und Konsequenzen der Länder.
 

Südost- und Ostasien

In Südost- und Ostasien waren die Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine unterschiedlich. Nordkoreas Diktator Kim Jong-un wies seinen UN-Botschafter an, gegen die Resolution der Vereinten Nationen zu stimmen, die Russland verurteilt. Nordkorea hat nur 100km von Wladiwostok entfernt eine Landgrenze mit Russland, über die trotz Sanktionen gegen Nordkorea normalerweise überlebenswichtige Güter ins Land kommen. Kim beschuldigte die USA, für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu sein durch ein Streben nach "militärischer Vorherrschaft unter Missachtung legitimer Forderungen Russlands nach seiner Sicherheit“. Nordkoreas anderer Nachbar China sowie Vietnam und Laos enthielten sich bei der UN-Abstimmung. In allen drei Ländern herrschen Kommunistische Parteien. China, Vietnam und Laos haben seit der Zeit der Sowjetunion enge Beziehungen zu Moskau. Wie die Menschen in diesen Ländern über den Ukraine-Krieg denken und was sie überhaupt darüber wissen, ist unklar. Es gibt weder Presse- noch Versammlungsfreiheit - und demnach auch keine Demonstrationen. Allerdings hatte in Vietnams Hauptstadt Hanoi bereits Anfang Februar die Botschaft der Ukraine auf ihren Außenmauern klargestellt, wo sie steht bzw. hin will: in die EU und die NATO.

Botschaft der Ukraine in Hanoi

Botschaft der Ukraine in Hanoi

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Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Vietnams Politiker und die staatlich kontrollierte Presse blieben zurückhaltend. Um die Wirtschaft nicht zu gefährden, geht es Vietnam darum, weiter gute Beziehungen zu allen Seiten zu halten. Dazu zählen neben den USA und der EU auch der alte Verbündete Russland sowie als Macht im Hintergrund China. Vietnams UN-Botschafter rief vor seiner Enthaltung zur Beendigung der Gewalt, zur Wiederaufnahme des Dialogs und zur Suche nach einer dauerhaften Lösung auf.

Alle anderen Länder Südost- und Ostasiens stimmten bei den Vereinten Nationen für die Ukraine-Resolution, die Russland verurteilt. Das verwundert insofern, als dass es unter ihnen sehr unterschiedliche Sichtweisen gibt. Manche Staaten der Region - Südkorea, Japan und Singapur - beteiligen sich an Sanktionen gegen Russland. Taiwan kündigte das an. In Taipei strahlt der höchste Wolkenkratzer der Insel, der "101 Tower", nachts in den Landesfarben der Ukraine.

Taiwan
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Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

In Südostasien verabschiedeten die Außenministerin und die Außenminister des Staatenbundes ASEAN eine Erklärung zur "Situation" in der Ukraine, in der sie Sorge ausdrücken, zu Dialog und Frieden aufrufen - aber nichts und niemanden verurteilen. Hintergrund ist, dass sich die zehn ASEAN-Staaten nicht einig sind. Myanmars Militärdiktatur unterstützt den russischen Angriff auf die Ukraine. Russland sei bestrebt, seine Souveränität zu sichern, sagte ein Junta-Sprecher. “Ich denke, das ist das Richtige”. Überraschend ist dieser Beistand nicht. Die Junta hat auf der Welt nur noch eine Handvoll Verbündete - Russland gehört dazu. Russische Rüstungskonzerne beliefern Myanmars Generäle mit Waffen für den Kampf gegen den demokratischen Widerstand im Land. Dessen politische Vertreter verurteilten die russische Invasion. Anders als bei ASEAN wird Myanmar bei den UN in New York auch ein Jahr nach dem Putsch noch vom Botschafter der gestürzten Regierung von Aung San Suu Kyi vertreten. Er war es, der für Myanmar der Ukraine-Resolution zustimmte.

Ebenfalls nicht auf den ersten Blick einleuchtend ist die Haltung Thailands. Der UN-Botschafter des Königreiches stimmt in New York für die UN-Resolution während daheim der Premierminister, General Prayut Chan-o-cha, erklärte, Thailand sei "neutral". Prayut verweist auf lange thai-russische Beziehungen. In Thailand sorgt sich die Hotelbranche um ihre Einnahmen. Weil westliche und chinesische Besucher wegen der Corona-Krise ausblieben, kamen zuletzt die meisten Touristen aus Russland. Wegen des jüngsten Absturzes des Rubels und weil manche Kreditkarten nicht mehr funktionieren, könnten bald weniger Russen nach Thailand reisen.

Auf den Philippinen schafften es die Entwicklungen in der Ukraine erst mehrere Tage nach Kriegsbeginn in die Medienberichterstattung. Das dominierende Thema im Land ist der Wahlkampf zur bevorstehenden Präsidentschaftswahl. Bezüglich des Ukraine-Krieges sorgte sich der Außenminister in erster Linie um die 300 philippinischen Gastarbeiter, die in der Ukraine arbeiten. Ihre Sicherheit sei das „wichtigste und einzige Anliegen“ der Philippinen im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Mittlerweile spielen in Wahldebatten der Präsidentschaftskandidatinnen und -kandidaten die potentiellen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Philippinen durch den Krieg in der Ukraine eine Rolle, insbesondere in Bezug auf die Ölversorgung und Ölpreise im Land.

Südafrika

„Wir müssen unsere Heilung von der Asche toter Empires in einer Weise abschließen, die uns nicht in neue Formen von Herrschaft und Unterdrückung zurückwirft. Wir lehnten Irredentismus und Expansionismus ab, auf jeder Basis, auch rassisch, ethnisch, religiös oder kulturell. Wir lehnen es auch heute ab.“

Martin Kimani

Es waren vor allem die Worte des kenianischen Botschafters vor den Vereinten Nationen am Vorabend des Kriegsausbruchs, die als afrikanischer Standpunkt in den sozialen Netzwerken und darüber hinaus wahrgenommen und gefeiert wurden. Doch so eindeutig wie Martin Kimani äußerten sich nur wenige Regierungsvertreter.

Putins Regierung hat in vergangenen Jahren enge wirtschaftliche und sicherheitspolitische Beziehungen zu zahlreichen afrikanischen Ländern wie Ägypten, Libyen, Mali und der Zentralafrikanischen Republik etabliert. Historische Verbindungen bestehen zu Ländern wie Angola und Mosambik, die einige Zeit lang sozialistisch regiert wurden. Und auch zur südafrikanischen Regierungspartei ANC, deren Führer teilweise in der Sowjetunion für den Kampf gegen das Apartheidregime militärisch ausgebildet wurden, pflegt die russische Regierung traditionell enge Beziehungen. So nahm die südafrikanische Verteidigungsministerin nur wenige Stunden nach dem Angriff auf die Ukraine an einem Empfang der russischen Botschaft zu Ehren des russischen Militärs teil.

Entsprechend zurückhaltend reagierten viele afrikanische Regierungschefs auf die Eskalation des Konflikts – was auch auf das geringe Interesse der Bevölkerung in vielen Staaten zurückzuführen sein dürfte. Probleme wie steigende Kosten für Nahrungsmittel, Benzin und Gas, Bürgerkriege und die Covid-Pandemie überlagern das Interesse an Konflikten in anderen Regionen der Welt.

Dass der Angriff Russlands auf die Ukraine mittelfristig auch dramatische Auswirkungen auf den Lebensstandard und die Versorgung mit Nahrungsmitteln in Afrika haben kann, wird hauptsächlich innerhalb bildungs- und politiknaher Kreise diskutiert. Nur wenigen Menschen ist bewusst, dass afrikanische Staaten jährlich Agrarprodukte im Wert von 2,6 Milliarden Euro aus der Ukraine importieren. Die indirekten Folgen des Krieges werden wohl auch viele Afrikanerinnen und Afrikaner am eigenen Leib zu spüren bekommen.

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USA

In den letzten Tagen haben in vielen Städten der USA Demonstrationen gegen den russischen Angriff auf die Ukraine stattgefunden. Kurz nach Bekanntwerden des russischen Einmarsches in die Ukraine versammelten sich am Donnerstag, den 24. Februar 2022, Hunderte von Ukrainern und ihre Unterstützer in vor dem Weißen Haus und der russischen Botschaft in Washington, DC, um die russische Regierung aufzufordern, alle Angriffe sofort einzustellen, sich aus der Ukraine zurückzuziehen und die territoriale Integrität des Landes wiederherzustellen, und um von der Regierung Biden eine stärkere Reaktion zu fordern.

Auf Veranstaltungen in Boston, Chicago, Philadelphia, Washington und anderen US-Städten brachten am Wochenende Tausende von Demonstranten, die blaue und gelbe ukrainische Flaggen schwenkten, patriotische Lieder sangen und Protestrufe gegen den russischen Präsidenten anstimmten, ihre Liebe zur Ukraine, ihre Wut auf Wladimir Putin und ihre Hoffnung auf Frieden zum Ausdruck. Der Angriff auf die Ukraine hat bei vielen ukrainischen Amerikanern Ängste um die Sicherheit ihrer noch in dem osteuropäischen Land lebenden Verwandten geweckt. Auch in Kanada fanden am Sonntag Solidaritätskundgebungen mit der Ukraine statt. Die anhaltenden Demonstrationen dort spiegeln die Stimmung der internationalen Opposition gegen den Krieg wider.

Die Unterstützung für das ukrainische Volk wird auch auf andere Weise als durch Proteste zum Ausdruck gebracht: Seit dem Beginn des russischen Angriffs fanden an Universitäten in den USA zahlreiche Veranstaltungen statt, von Spendenaktionen bis hin zu Diskussionsrunden. Im ganzen Land werden wichtige Wahrzeichen, darunter die Kapitole der Bundesstaaten New York und Colorado, blau und gelb angestrahlt, um die Unterstützung für die Ukrainer zu signalisieren. Staaten und US-Wirtschaftsverbände verurteilten den Einmarsch ebenfalls umgehend und kündigten diese Woche an, russische Unternehmen zu boykottieren oder ihre Beziehungen zu ihnen zu beenden.

Michael Link

Michael Link MdB mit Ukrainern und ihren Unterstützern vor dem Weißen Haus in Washington.

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Michael Link MdB

Südasien

Commentators have written that any European dispute will meet with public apathy in South Asia due to the shared experiences under “colonialism and neo-colonialism”. Governments’ responses to the Russia-Ukraine war will depend on each nation’s trade and security interests, but at the level of public opinion the clash will largely be dismissed due to these experiences.

Afghanistan

The Ministry of Foreign Affairs of the Islamic Emirate of Afghanistan released a statement that called for “restraint by both parties”, highlighted its foreign policy of neutrality, called for dialogue, and highlighted to importance of safeguarding Afghan nationals in Ukraine.

Bangladesh

Bangladesh called for the cessation of hostilities in Ukraine. They referred to the Charter of the United Nations regarding the prohibition of use of force and the peaceful settlement of international disputes. They further reiterated their support in the office of the Secretary General of the United Nations and called on him to initiate a dialogue towards ending hostilities and military actions.

Bhutan

The country is yet to release an official statement on the situation in Ukraine. However, it has been reported that the Foreign Minister, Dr. Tandi Dorji is studying the situation and its impacts on Bhutan. 

India

India has not officially released a statement on the war in Ukraine. Prime Minister Modi, however, has appealed to an immediate cessation of violence. Modi spoke to Putin on the 24th February calling for a cessation of violence. He also said that differences between NATO and Russia can only be resolved through dialogue. PM Modi also spoke to President Zelenskyy two days later and reiterated the call for a cessation of violence and cited India’s willingness to contribute towards peace efforts. Even a special briefing by the Ministry of External Affairs on the situation in Ukraine did not focus on Russia as much on the status of Indian nationals stranded in Ukraine. There are about 18000 students stuck in Ukraine and the focus of the Indian government has been their repatriation 

India has a long-standing relationship with Russia dating back to the start of the Cold War. Russia is India’s primary defence-cooperation partner and 68% of the country’s military hardware comes from Russia. There are also significant joint military programs including two fighter-jet programs, a cruise missile program and a number of naval vessels.

However, it must be noted that India is in a very complex geo-political situation.

Russia has been a supporter of India at a time when the United States sided with Pakistan over the Kashmir issue. Additionally, during the 1971 India-Pakistan war, the USSR sent a fleet of submarines to block the USS Enterprise and its carrier strike group from taking up a hostile stance in the Bay of Bengal. However, over the past years, it has been cultivating a closer relationship with the United States, which also views India as a critical partner to counter the growing influence of China. India’s membership of the Quad was also strongly supported by the US as a counter to China. India also views the US as a close ally, the same as Russia.

Maldives

The country has not taken a stance on the current situation, nor has it issued a statement. The Ministry of Foreign Affairs recently held a press conference where the status of Maldivian nationals was discussed. 

It is important to note that as of 2021, Russian tourists accounted for 23.3% of all tourists visiting The Maldives. Tourism is the critical sector for the country, accounting for over 28% of GDP. This may be the reason why they are unwilling to issue a statement about the situation in Ukraine.

Nepal

Of all the South Asian countries, Nepal has issued the strongest opposition to the “use of force against a sovereign country in any circumstance”. It also denounced Russia’s recognition of the Donetsk and Luhansk regions of Ukraine as contrary to the United Nations Charter.

Nepal is not dependent on Russia in the larger geo-political stage and is therefore can take a much stronger stance on Russia. There also seems to be a guilt in the consciousness of the Nepalese Government as it abstained from a vote on the UN resolution on the annexation of Crimea in 2014.

Pakistan

Prime Minister Imran Khan was in Moscow for an official visit to Russia the day the invasion of Ukraine was launched. He met President Putin for a pre-scheduled meeting and his office later released a statement hoping that “diplomacy could avert a military conflict”.

Pakistan’s relationship with Russia has been warming up in the past few years, driven by the cooling of relations between the two countries since the end of the Cold War and exacerbated by the tumultuous situation in Afghanistan in the past 15 years. The Foreign Minister of Pakistan has spoken to his Ukrainian counterpart and focused on the repatriation of stranded Pakistani nationals in the country.

Pakistan views itself in a position to take up the spot slowly being vacated by India; as Russia’s partner in South Asia. It also seeks the support of Russia for a gas pipeline project in the country.

Sri Lanka

At a diplomatic level, Sri Lanka’s statement citied its government’s “deep concern” about the violence in Ukraine. It refrained from naming Russia in its statement, however, called upon parties to exercise maximum restraint and to “resolve the crisis through diplomacy and sincere dialogue”.

As a tourism-centric economy and with Russian tourists being in the Top 10 arrivals in Sri Lanka, there may be a reluctance to push Moscow away by issuing a harsher statement. However, the government is planning to support Ukrainian tourists stuck in-country, mulling a proposal to extend the visas these tourists. Despite the energy and economic crisis underway in Sri Lanka, individuals and hotels in the country have extended support for the Ukrainian tourists, with offers of free food and accommodation flooding Facebook.

Other Stakeholders

No Indian company, trade organisation or SAARC agency has made any statement or comments regarding the war in Ukraine. The only matter that concerns everyone is the rise in costs of commodities (petroleum products, agricultural product,  and capital flows,) that will happen by virtue of the conflict itself. No reactions so far from our partners in South Asia.

Many companies in India have already lost value in the share market, and speculation is rife that India’s economy may be the worst hit in Asia by the current situation.

Lateinamerika

Die russische Invasion der Ukraine hat auch Lateinamerika schockiert. Die Medien werden auch hier von Berichten über den Krieg dominiert. In der Abstimmung der UN-Vollversammlung am 2.3. stimmten die meisten lateinamerikanischen Länder für eine Verurteilung der russischen Aggression. Nur Bolivien, Kuba und Nicaragua enthielten sich, Venezuela nahm nicht teil – mit Ausnahme Boliviens also nur die drei Diktaturen, die enge Beziehungen zu Russland unterhalten.

In etlichen Staaten fiel die Verurteilung aber eher lauwarm aus. In Brasilien regiert mit dem ultrarechten Präsidenten Bolsonaro ein ausgesprochener Putin-Freund, der auch nach der Invasion die Dinge herunterspielte und seinen Vizepräsidenten zurückpfiff, als dieser Russland schärfer verurteilte. In Argentinien blieb die linksgerichtete Regierung weitgehend im Vagen, insbesondere die Vizepräsidentin Christina Kirchner. In Mexiko äußerte sich Präsident Lopez Obrador zunächst in allgemeinen Floskeln, bevor sein Außenminister Marcelo Ebrard mit einem deutlich schärferen Kommuniqué nachlegte. Die Regierung Perus erging sich ebenfalls in allgemeinen Formulierungen. Auch die Regierung in El Salvador äußerte sich kaum, das Parlament lehnte eine Schweigeminute für die Opfer ab.

Deutliche Verurteilungen kamen von den zentristischen und konservativen Regierungen, und am schärfsten äußerte sich Guatemala, das seinen Botschafter aus Russland abberief. Sehr klar verurteilend äußerte sich aber auch der linksgerichtete künftige Präsident Chiles, Gabriel Boric, wie auch der noch amtierende konservative Präsident Piñera. Die Beispiele Boric und Bolsonaro zeigen, dass die Reaktionen in Lateinamerika sich nicht strikt entlang politischer Lager bewegen.