Immobilien
Wohneigentum heute: Erschwinglicher als früher und trotzdem unerreichbar?
In der aktuellen Situation wirkt der Erwerb von Wohneigentum unerschwinglicher denn je. Hauptverantwortlich ist der Anstieg der Bauzinsen, der die Finanzierungskosten für Immobilienkredite nach oben treibt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist der Zinssatz für einen zehnjährigen Immobilienkredit von rund einem Prozent auf über vier Prozent gestiegen (siehe Abbildung 1).
Ohne Zweifel ist der Erwerb von Wohneigentum zum aktuellen Zeitpunkt weniger erschwinglich als zum Jahresbeginn 2022. Die gesunkenen Preise können den drastischen Zinsanstieg nicht kompensieren. Doch wie sieht der Vergleich aus, wenn man noch weiter zurückblickt? Hatten es beispielsweise unsere Eltern leichter, eine eigene Immobilie zu erwerben? Die gefühlte Antwort auf diese Frage lautet für die meisten wohl eindeutig „Ja“. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) stellt diese Vermutung nun jedoch – aus guten Gründen – in Frage.
Erschwinglichkeit wird durch Preise, Zinsen und Einkommen bestimmt
Für die Erschwinglichkeit von Wohneigentum sind insbesondere drei Faktoren ausschlaggebend. Die Immobilienpreise gehören selbstredend dazu. Ohne Frage spielt auch der Zinssatz eine Rolle, da er maßgeblichen Einfluss auf die monatliche Finanzierungslast hat. Des Weiteren kommt es auf die Einkommen der Haushalte an, mit denen die monatliche Kreditlast getragen wird. Basierend auf Daten der OECD führt die Studie des IW diese drei Komponenten zu einem Erschwinglichkeitsindex zusammen. Je niedriger die Preise, je niedriger die Zinsen und je höher die Einkommen, desto erschwinglicher ist der Erwerb von Wohneigentum und desto niedriger ist der Wert, den der konstruierte Index annimmt (siehe Abbildung 2).
Der Erschwinglichkeitsindex seit 1980: Von 100 auf 115,5 Punkte im dritten Quartal 1981
Der Erschwinglichkeitsindex startet im ersten Quartal 1980 mit einem Basiswert von 100. Wenige Zeit später (im dritten Quartal 1981) erreichte der Index mit 115,5 Punkten seinen Höchstwert. Heißt: Nie war der Erwerb von Wohneigentum schwieriger als Anfang der 80er Jahre. Hauptgrund hierfür war der Zinssatz, der zu diesem Zeitpunkt bei sage und schreibe 10,6 Prozent lag. Bis auf kleinere Ausnahmen hat sich die Erschwinglichkeit von Wohneigentum seit diesem Zeitpunkt stetig verbessert. Doch nie war Wohneigentum erschwinglicher als im dritten Quartal 2016, als der Index einen Wert von lediglich 28,6 Punkten annahm. Wie vermutet zeigt der Index auch eindeutig, dass es ab Anfang 2022 – getrieben durch den Zinsanstieg – eine erhebliche Verschlechterung bei der Erschwinglichkeit von Wohneigentum gab. Aktuell erreicht der Index einen Wert von 41,0 Punkten.
Erschwinglichkeit war früher deutlich schlechter
Damit ist klar: Wohneigentum ist heute weniger erschwinglich als vor etwa 18 Monaten, doch gleichzeitig deutlich erschwinglicher als vor 30 oder 40 Jahren. Wenn man den Erschwinglichkeitsindex des IW heranzieht, war es für unsere Eltern also tatsächlich schwieriger, Wohneigentum zu erwerben. Die Indexentwicklung wirft jedoch eine weitere Frage auf: Nie waren die Voraussetzungen für den Eigentumserwerb besser als in den 2010er Jahren. Warum ist die Eigentumsquote gerade in dieser Zeit, als Wohneigentum laut Index besonders erschwinglich war, nicht gestiegen, sondern insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung sogar zurückgegangen (siehe Abbildung 3)?
Ein zentraler Grund ist laut IW der gestiegene Eigenkapitalbedarf. Die Erwerbsnebenkosten (Grunderwerbsteuer, Makler- und Notarkosten) können in der Regel nicht fremdfinanziert werden. Zusätzlich fordern die meisten Banken bei der Immobilienfinanzierung einen gewissen Anteil an Eigenkapital ein. Da sich sowohl die Erwerbsnebenkosten als auch die geforderte Eigenleistung bei der Kreditfinanzierung proportional zum Kaufpreis verhalten, hat sich aufgrund der gestiegenen Preise der Eigenkapitalbedarf beim Haus- oder Wohnungskauf deutlich erhöht. Hinzu kommt, dass die meisten Bundesländer ihren Grunderwerbsteuersatz deutlich erhöht haben. Es ist diese Entwicklung, die gerade für junge Mieterinnen und Mieter die größte Hürde beim Eigentumserwerb darstellt.
Ergebnisse der Studie: Ein Silberstreif am Horizont?
Die Erschwinglichkeit von Wohneigentum hat sich in den letzten Monaten verschlechtert. Doch richtig ist auch: Der Erwerb von Wohneigentum ist noch immer deutlich günstiger als vor 30 oder 40 Jahren und in etwa so erschwinglich wie in den 2000er Jahren. Gerade mit Blick auf die aktuelle Wohnungskrise ist es wichtig, dass sich nicht noch mehr Menschen vom Eigentumserwerb abwenden und für zusätzliche Knappheit auf dem angespannten Mietmarkt sorgen – ein Effekt, der in der öffentlichen Diskussion oftmals unberücksichtigt bleibt. Die Studienergebnisse zeigen jedoch auch, dass es gerade hinsichtlich des Eigenkapitalbedarfs Erleichterungen braucht, damit endlich mehr junge Menschen Eigentum erwerben können.
Regierungskoalition: Maßnahmen zur Förderung von Wohnungsbau und Wohneigentum in Bewegung
Die Regierungskoalition hat in den letzten Tagen und Wochen enorm wichtige Schritte auf den Weg gebracht, um den Wohnungsbau anzukurbeln und den Eigentumserwerb zu erleichtern. Die liberale Kernforderung einer Grunderwerbsteuerreform – mit einer deutlichen Senkung oder einem Freibetrag – könnte nun der nächste wichtige Schritt sein. Es wird also Zeit, dass die Länder den Weg im Bundesrat freimachen.