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Solidaritätszuschlag
Soli-Abschaffung bleibt Aufgabe der Politik

Bundesverfassungsgericht weist Klage gegen Solidaritätszuschlag ab

Das Bundesverfassungsgericht weist Klage gegen Solidaritätszuschlag ab.

© picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass die weitere Erhebung des Solidaritätszuschlags verfassungsgemäß ist. Laut Bundesverfassungsgericht hat der Bund weiter einen zusätzlichen finanziellen Bedarf, der sich aus den Mehrkosten der deutschen Wiedervereinigung ergibt. Dies gilt laut Bundesverfassungsgericht auch nach dem Ende des Solidaritätspaktes zur Unterstützung der ostdeutschen Bundesländer nach der Wiedervereinigung.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht keinen Freibrief für die beliebige Erhebung von Ergänzungsabgaben gegeben, sondern eine klare Grenze eingezogen. Die Erhebung ist nur so lange zulässig, wie der Grund für die Einführung der Sonderabgabe noch trägt, und nicht „evident“ weggefallen ist. Laut Bundesverfassungsgericht ist dies auch 35 Jahre nach der deutschen Einheit noch nicht der Fall. Hierbei stützt sich das Gericht auf das Stimmungsbild bei Ökonomen, deren Bewertung uneinheitlich ist, inwiefern sich die bestehenden strukturellen Unterschiede der ostdeutschen Bundesländer noch auf die Nachwirkungen von vier Jahrzehnten Sozialismus und Planwirtschaft zurückführen lassen.

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergeben sich damit drei politische Konsequenzen:

  1. Die Entscheidung über den Rest-Soli liegt jetzt bei der Politik. Dass seine Erhebung verfassungsrechtlich zulässig ist, heißt natürlich nicht, dass er erhoben werden muss. Es gibt schon lange sehr gute Gründe für seine Abschaffung, die massive Ausweitung der Verschuldung kommt neu hinzu.
  2. Keine Regierung darf sich darauf verlassen, den Rest-Soli zeitlich unbegrenzt zu einzuplanen. Denn seine Erhebung ist nur so lange gültig, wie die zusätzlichen Kosten aus der deutschen Einheit noch nicht „evident“ weggefallen sind. Insofern haben die Kläger gegen den Soli mit ihrer Einschätzung Recht gehabt, dieser dürfe nicht unbegrenzt erhoben werden.
  3. Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht zudem die Einschätzung vertreten, die strukturellen negativen Auswirkungen von Sozialismus und Planwirtschaft seien so tiefgreifend, dass diese auch rund 35 Jahre nach ihrem Zusammenbruch noch zu spüren seien und somit die Erhebung einer zusätzlichen Abgabe rechtfertigten. Angesichts eines Bundestags mit großem rechten und linken Rand ist dies ein wichtiger Befund: Planwirtschaftliche Steuerung ist ein lange nachwirkendes Gift.

Drei Gründe für die Soli-Abschaffung

Die Erhebung des Rest-Solis ist aktuell zulässig. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist diese verfassungsrechtliche Frage klar entschieden. Ob die Erhebung politisch und wirtschaftlich klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn es sprechen weiterhin starke Argumente für die Abschaffung:

  1. Fairness gegenüber Steuerzahlern
    Der Soli wurde vor über 30 Jahren als befristete Sonderabgabe eingeführt. In seiner zweiten Auflage mit dem alleinigen Ziel die deutsche Einheit mitzufinanzieren. Diese ist mittlerweile vollzogen, Straßen und Innenstädte wurden erneuert und die Sonderausgaben aus dem Solidarpakt längst eingestellt. Zudem gab es das politische Versprechen, den Soli nur zeitlich befristet zu erheben. Deshalb gebietet es die Fairness gegenüber allen Steuerzahlern und -zahlerinnen, den Soli nach einer so langen Zeit ganz abzuschaffen, nachdem er ja bereits teilweise aufgehoben wurde.
  2. Soli ist eine Wirtschaftssteuer
    Gerade kleine und mittlere Unternehmen unterliegen in Deutschland oft der Einkommensteuer. Damit ist der Soli für viele Unternehmen eine Sondersteuer in ohnehin sehr schwierigen Zeiten. Diese Sonderbelastung muss abgeschafft werden, und wäre ein Baustein für die Ankurbelung der Wirtschaft.
  3. Soliabschaffung ist ein Signal der Staatsbegrenzung
    Am 18.03.2025 hat der Deutsche Bundestag die Schuldenbremse de facto ausgesetzt und ein enormes Staatsverschuldungsprogramm ermöglicht. Dies besorgt viele Menschen und Unternehmen in Deutschland. Es heißt nicht umsonst: „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.“ Der Verzicht auf die Erhebung der Sonderabgabe Soli wäre ein wichtiges Signal. Die sich bildende Koalition könnte so glaubhaft machen, dass sie ihr Versprechen ernst meint, die zusätzlichen Schulden für Investitionen einzusetzen. Denn dies würde helfen, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und so das Steueraufkommen zu steigern. Wer dagegen zur Finanzierung am Soli festhalten möchte, sendet das Signal, es womöglich nicht ernst zu meinen mit einer Ankurbelung des Wachstums. Dies gilt umso mehr, da das Aufkommen aus dem Solidaritätsbeitrag nur noch einen sehr kleinen Teil des Gesamtsteueraufkommens darstellt.
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© Statista 2025
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Hintergrund: Warum wurde der Soli noch mal eingeführt?

Der Soli wurde zunächst 1991 als befristete Zusatzabgabe eingeführt, um den deutschen Beitrag zu den Kosten des Irak-Kriegs sowie die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren. Nachdem er 1993 und 1994 nicht erhoben wurde, kam der Soli 1995 zurück: Diesmal als unbefristete Sonderabgabe zur Finanzierung der deutschen Einheit. Und es gab damals durchaus gewichtige Argumente für die Einführung.

Die deutsche Wiedervereinigung war schließlich ein historischer Meilenstein und zugleich eine enorme wirtschaftliche Herausforderung. Vier Jahrzehnte sozialistische Planwirtschaft hatten die DDR-Wirtschaft und den ostdeutschen Staat ruiniert. Die DDR war schlicht pleite, die Infrastruktur heruntergekommen und die Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig. Nach der Wiedervereinigung galt es, die enormen Defizite der sozialistischen Planwirtschaft aufzufangen. Dies erforderte massive Investitionen in die Infrastruktur, die maroden Betriebe und zusätzliche Ausgaben für die Sozialversicherungen angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und auch der Anpassung der Renten.

Um diesen gewaltigen Umbruch zu finanzieren, wurde von der damaligen Bundesregierung der Solidaritätspakt ins Leben gerufen – ein langfristiges Förderprogramm zur Unterstützung der neuen Bundesländer. Und ein Teil der enormen Kosten wurde wiederum durch den Solidaritätszuschlag gedeckt. Allerdings ist der Solidarpakt 2019 ausgelaufen, die deutsche Einheit seit mittlerweile rund 35 Jahren erreicht, und das politische Versprechen bei der Soli-Einführung war deutlich: Der Soli sollte zeitlich befristet erhoben werden. Wohl auch als Zugeständnis an dieses Versprechen wurde eine Freigrenze eingeführt. So zahlen seit 2021 noch ungefähr die obersten zehn Prozent der Steuerzahler den Solidaritätszuschlag. Dieser wurde damit de facto zu einer zweiten Reichensteuer, die auch insbesondere Unternehmer und Unternehmerinnen trifft (siehe beispielsweise ZDH, DIE FAMILIENUNTERNEHMER oder DIHK).

Bei Medienanfragen kontaktieren Sie bitte:

Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
Telefon: + 4915202360119
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