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Die bilateralen Beziehungen zwischen Malaysia und China
Zwei Jahre nachdem die Regierung von US-Präsident Richard Nixon 1974 die Beziehungen zu China normalisiert hatte, nahm Malaysia diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China auf. Zuvor hatte Malaysia bereits einen Handelsrat mit Peking eingerichtet. Der zweite Premierminister Malaysias, Abdul Razak, fasste den Beschluss, es den USA gleichzutun und dem damaligen Vorsitzenden Mao Zedong die Hand der Freundschaft zu reichen. Trotz der Bedrohung durch kommunistische Aufständische im eigenen Land wurde Malaysia die erste demokratisch gewählte südostasiatische Nation, die ihre Beziehungen zum kommunistischen China normalisierte. Malaysia verfolgte in Bezug auf die Beziehungen zu China eine zweigleisige Strategie. Dabei ging es zum einen um malaysische ethnische Chinesen mit familiären Wurzeln, zum anderen sollten kommunistische Terroristen neutralisiert werden, die Malaysia immer noch in einen kommunistischen Staat überführen wollten. Malaysier chinesischer Abstammung wurden von den Malaien zu ihrer Loyalität befragt: Halten sie zu Malaysia oder zu ihrem Ursprungsland China? Dies klärte sich, als China die doppelte Staatsbürgerschaft nicht anerkannte und Malaysia und auch China die Malaiische Kommunistische Partei offiziell kritisierten.
Die kommunistische Bedrohung in Malaysia endete formell 1989, als in Hatyai, Südthailand, der Führer der Kommunistischen Partei Malaysias, Chin Peng, einen Friedensvertrag mit der malaysischen Regierung unterzeichnete. Dies geschah zeitgleich mit dem Fall der Sowjetunion und dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime weltweit. Es markierte auch das Ende der kommunistischen Drohgebärden in Malaysia. Im selben Jahr hielt sich Malaysia mit offizieller Kritik an Chinas Umgang mit dem Protest des chinesischen Volkes auf dem Platz des Himmlischen Friedens für eine offene und demokratische Gesellschaft nach dem Ende des Kalten Krieges zurück und schwieg weitgehend zu dieser Situation. In gewisser Weise wurde China auf die Länder aufmerksam, die sich nicht in seine Angelegenheiten einmischten. Eine der Säulen des ASEAN ist die Nicht-Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten. Malaysia blieb vorsichtig und hielt sich an seine Grundsätze im Umgang mit China, sowohl auf bilateraler als auch auf multilateraler Ebene.
Im maritimen Bereich verfolgt Malaysia jedoch einen etwas differenzierten Ansatz. Neben Malaysia haben die ASEAN-Mitgliedsländer Brunei, die Philippinen, Vietnam und in gewissem Maße auch Indonesien aktiv die maritimen Streitigkeiten im Südchinesischen Meer auf dem ASEAN-Gipfel thematisiert. Diese waren ein Dorn im Auge der Innenpolitik dieser Länder, sowie auch Chinas zweideutige Politik gegenüber den ASEAN-Ländern, die Chinas Ansprüche infrage stellen. China war mit seiner Politik des Teilens und Herrschens bisher erfolgreich. Vietnam und die Philippinen haben sich traditionsgemäß lautstark gegenüber China geäußert, worauf China entsprechend aggressiv reagiert hat, im Gegensatz zu den leiseren und diplomatisch gelenkten Protestaktionen des Außenministeriums von Malaysia (Wisma Putra). Obwohl sich Malaysia 2009 mit Vietnam verbündet hat, um gegen Chinas Ansprüche Einspruch zu erheben, zeigt sich China gegenüber Malaysia nachsichtiger als gegenüber Vietnam und den Philippinen.
Dieses Papier befasst sich nicht so sehr mit den Handlungen Chinas, sondern konzentriert sich vielmehr auf die Reaktion und die Position Malaysias. Ständige Ansprüche und Gegenansprüche auf das umstrittene Meeresgebiet führen zu einem Teufelskreis. Diese Themen sind unter anderem Teil der Diskussionen im Yokosuka Council of Asia Pacific Studies (YCAPS), im ISEAS, im Malaysia Institute of Defence and Security (MiDAS) des MinDef Malaysia, im Maritime Institute of Malaysia (MIMA) des malaysischen Verkehrsministeriums und im RMN Sea Power Center (PUSMAS TLDM). Alle diese Institute haben aufschlussreiche Beiträge zu den Diskussionen und Debatten geleistet. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, warum sich China gegenüber Malaysia – trotz seiner diplomatischen Haltung gegenüber China – zweideutig verhält. Malaysia hat seinen eigenen Weg gefunden, mit Chinas Machtbestrebungen in der Region umzugehen. Dies beruht auf Malaysias jahrhundertealtem Verständnis von Tianxia (chinesisch: 天下), was während der Ära des Malakka-Sultanats wörtlich „(Alle) unter dem Himmel“ bedeutete. Das ist ein Begriff für ein historisches chinesisches Kulturkonzept, das entweder die gesamte geografische Welt oder das metaphysische Reich der Sterblichen bezeichnete und später mit politischer Souveränität in Verbindung gebracht wurde.[1] Malaysia hat zwar eingesehen, dass es eine kleine Nation ist, aber es muss sich nicht unbedingt von größeren und mächtigeren Ländern erobern oder ganz auslöschen lassen. Wie bereits erwähnt, war Malaysia mit seiner demokratisch gewählten Regierung das erste ASEAN-Mitglied, das 1974 die diplomatischen Beziehungen zu China normalisierte. Der 40. Jahrestag des Bestehens der diplomatischen Beziehungen wurde 2014 mit großem Aufwand gefeiert. Sogar das chinesische Sprichwort „Wer das Wasser trinkt, muss sich an den erinnern, der den Brunnen gegraben hat“ wurde zur Propagierung der Beziehungen zwischen Malaysia und China verwendet. Es wurde zu einem Symbol für die persönliche Verbundenheit zwischen den Anführern Malaysias und Chinas. Dieser Balanceakt hat dafür gesorgt, dass China mit Malaysia nachsichtiger ist als mit anderen ASEAN-Ländern. In der maritimen Umgebung des Südchinesischen Meeres stellt sich die Lage jedoch ganz anders dar. Malaysia hat China wiederholt zur Zurückhaltung aufgefordert. Das Land hat verschiedene Ansätze gewählt, um auf Chinas Druck und Aggression zu reagieren, aber auch Chinas Manöver in den nationalen Nachrichten und regierungsnahen Medien heruntergespielt. Trotz Malaysias Bemühungen hat Chinas Machtstreben im Südchinesischen Meer auch vor den von Malaysia beanspruchten Gebieten nicht Halt gemacht. Ein weiterer Punkt, der von malaysischen Gelehrten angesprochen wurde, ist der von der Regierung und den politischen Entscheidungsträgern praktizierte Absicherungs- und Balanceakt, der im nächsten Kapitel behandelt wird.
[1] Hayton, Bill. 2020. The Invention of China. Yale University