Philippinen
Freiheit für Leila de Lima
Senatorin Leila de Lima, eine prominente Stimme für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, sitzt seit dem 24. Februar 2017 in Untersuchungshaft. Ihre Haft ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wie die philippinische Regierung mit Oppositionspolitikern und Menschenrechtsverteidigern umgeht.
Die Philippinen unter Präsident Duterte und die Menschenrechtsverletzungen in Verbindung mit seinem sogenannten „Krieg gegen die Drogen“ sorgen seit Jahren weltweit für Schlagzeilen. Internationale Menschenrechtsorganisationen sprechen mittlerweile von mehr als 30.000 Ermordeten. Dabei werden vermeintlich Kriminelle nicht verhaftet und einem Richter vorgeführt, sondern von Unbekannten ermordet, oder von Polizisten bei Razzien oder anderen Einsätzen erschossen. Unter den Opfern befinden sich auch mehr als 120 Minderjährige. Die vielen Toten bei den Polizeiaktionen rechtfertigt die Regierung mit Notwehr. Aussagen von Überlebenden, Familienangehörigen und Videoaufzeichnungen deuten aber auf außergerichtliche Hinrichtungen hin. Die ehemalige Justizministerin Leila de Lima wollte dies im Rahmen ihrer Tätigkeit als Senatorin bereits 2016 untersuchen.
Die Regierung reagierte daraufhin mit mehreren Klagen. Leila de Lima, ehemalige Justizministerin und ehemalige Vorsitzende der Menschenrechtskommission, sei eine Drogenkönigin. Aufgrund der Schwere der Anklage wurde ihr die Möglichkeit versagt, auf Kaution freizukommen. Zentrale Möglichkeiten der Oppositionsarbeit sind ihr dadurch verwehrt, sie kann unter anderem keine Untersuchungskommissionen leiten, öffentliche Reden halten, zu Gesetzesentwürfen abstimmen oder an Senatssitzungen teilnehmen. Auch die durch die Pandemie eingeführten Möglichkeiten der Onlinearbeit werden ihr verwehrt. Zusätzlich ist ihr Zugang zu Medien sehr begrenzt. Sie hat keinen direkten Zugang zu Fernsehen, Radio oder dem Internet. Nachdem internationale Politiker sie besucht und öffentlich ihre Freilassung gefordert haben, verschärfte die Regierung die Auflagen für ausländische Besucher. Seitdem konnte sie keine internationalen Delegationen empfangen.
Ohne internationalen Druck ist mit einem baldigen Ende der Gerichtsverhandlungen kaum zu rechnen. Insgesamt mussten für die drei Verfahren bereits sieben neue Richter ernannt werden, da die Vorherigen sich aus den Verfahren zurückzogen, in Rente gingen oder keine Verhandlungstermine ansetzten. Erst nach fast vier Jahren wurde eine Klage abgewiesen, da nicht genügend Beweise gegen die Senatorin vorlagen. Laut Medienberichten ist die Beweislast auch bei den anderen Fällen sehr dünn und beruht auf fragwürdigen Zeugenaussagen. Solange die Senatorin aber in Haft sitzt, bleiben der Einfluss und die Wahrnehmbarkeit ihrer Regierungskritik eingeschränkt. Darüber hinaus wirkt ihre Behandlung als abschreckendes Beispiel für andere Oppositionelle und Regierungskritiker.
Trotz all dieser Widrigkeiten ist ihr Wille ungebrochen. In ihrer Gefängniszelle setzt sich Leila de Lima mit handgeschriebenen Notizen, Briefen und Gesetzesinitiativen weiterhin für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auf den Philippinen ein. Für ihren unerschütterlichen Einsatz für diese Werte erhält sie internationale Anerkennung. Amnesty International würdigte sie in den letzten Jahren mehrfach als Menschenrechtsverteidigerin. Für das Times Magazin war sie 2017 eine der einflussreichsten Personen weltweit. Liberal International, der globale Dachverband liberaler Parteien, zeichnete sie 2017 mit dem höchsten Preis aus, dem „Prize for Freedom“. Weltweit fordern PolitikerInnen ihre sofortige Freilassung. In den politisch stark gespaltenen USA unterstützen sowohl Demokraten als auch Republikaner gezielte Sanktionen gegen die Verantwortlichen in den Gerichtsfällen von Leila de Lima.
Die Bundesregierung muss mehr für den Schutz von Menschenrechten tun
Auch Deutschland könnte sich in diesem Fall stärker einsetzen. Die Vertretungen der USA, Großbritannien, Niederlande und der EU haben Beobachter zu den Gerichtsverhandlungen angemeldet. Deutschland könnte mit der Beobachtung der Gerichtsverhandlungen und Gefängnisbesuchen wichtige Zeichen setzen. Wenn Menschenrechte wirklich ein wichtiger Bestandteil deutscher Außenpolitik sind, sollte die Bundesregierung in Gesprächen mit der philippinischen Regierung den Fall von Leila de Lima kontinuierlich ansprechen und auf ein rasches Ende der Gerichtsverhandlungen unter international anerkannten rechtstaatlichen Standards pochen. Denn jeder Tag, den Menschenrechtsverteidiger wie Leila de Lima in politischer Haft verbringen, stärkt Populisten und Autokraten weltweit und stellt das liberal-demokratische Erfolgsmodell in Frage.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist Bundesjustizministerin a.D. und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit