Krieg in Europa
NATO, G7 und EU demonstrieren westliche Einigkeit
Der Gipfel-Marathon begann mit einem Sondergipfel der NATO am Donnerstagmorgen. Dort riefen die Staats- und Regierungschefs der Allianz Russlands Präsident Wladimir Putin auf, den Krieg in der Ukraine unverzüglich zu beenden. Als Reaktion auf die russische Aggression beschlossen die NATO-Chefs außerdem, die längerfristige Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie der NATO in allen Bereichen - zu Lande, zu Wasser, in der Luft, im Cyberspace und im Weltraum - neu auszurichten.
Zu den konkreten Maßnahmen gehört die Aufstellung von vier neuen multinationalen NATO-Battlegroups zur Stärkung der Ostflanke der NATO in Bulgarien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei. Präsident Biden erklärte, diese Maßnahme sei ein starkes Signal, dass wir gemeinsam jeden Zentimeter des NATO-Territoriums verteidigen und schützen werden". Mit den vier bereits in den baltischen Staaten und in Polen aktiven Battlegroups erhöht sich die Gesamtzahl der NATO-Battlegroups auf acht.
Bedrohung durch chemische Angriffe besonderes Sorgenkind
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte außerdem an, dass das Bündnis Ausrüstung zum Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen sowie zusätzliche Unterstützung im Bereich der Cybersicherheit bereitstellen wird. Dies wird die laufende Lieferung von militärischer Ausrüstung ergänzen, zu der derzeit Drohnen sowie Panzerabwehr- und Luftabwehrsysteme gehören.
Die Bedrohung durch chemische Angriffe ist ein besonderes Sorgenkind. Mehrere westliche Staats- und Regierungschefs haben in den letzten Wochen davor gewarnt, dass Russland bereit sein könnte, in der Ukraine chemische Waffen einzusetzen. Dies wird auch als direkte Bedrohung für die NATO-Verbündeten in den angrenzenden Ländern angesehen. Vor Beginn des Treffens kommentierte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (VVD), dass Europa "über jede mögliche Option nachdenken muss, die Russland nutzen könnte, und dass wir uns darauf vorbereiten müssen".
Verlängerung der Amtszeit von Stoltenberg
Während des Treffens einigten sich die Regierungschefs auch darauf, die Amtszeit von Stoltenberg bis zum 30. September 2023 zu verlängern. Mit dieser einstimmigen Entscheidung haben die westlichen Verbündeten signalisiert, dass sie in dieser Zeit des beispiellosen Wandels auf Stabilität setzen. Angesichts des andauernden Krieges wird dies der NATO ermöglichen, sich voll und ganz auf ihren Auftrag zu konzentrieren, ohne durch einen Führungswechsel abgelenkt zu werden.
Als Zeichen der einzigartigen westlichen Einigkeit war das G7-Treffen in den NATO-Gipfel eingebettet. Unter deutschem G7-Vorsitz wurden die sieben Staats- und Regierungschefs im NATO-Hauptquartier zu einem Treffen im Wirtschaftsformat empfangen, an dem auch der japanische Premierminister Fumio Kishida teilnahm.
Im Anschluss an das G7-Treffen fuhren 22 der 30 NATO-Staats- und Regierungschefs, darunter auch Präsident Biden, zum Europäischen Rat. Dort trafen sie auf die Staats- und Regierungschefs der EU aus Nicht-NATO-Ländern. Der Krieg in der Ukraine stand erneut ganz oben auf der Tagesordnung, allerdings mit einem anderen Schwerpunkt. Das große Thema des Abends sind die Energiesanktionen, ein kritisches Thema für viele EU-Mitglieder, die Energie aus Russland importieren.
Initiative: Strategischer Kompass
Ebenfalls auf der Tagesordnung steht der Strategische Kompass, eine Initiative, mit der die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU in den Bereichen Krisenmanagement, Verteidigungsfähigkeit, Resilienz und Partnerschaften gestärkt werden soll. Es wird erwartet, dass die EU-Regierungschefs diese Initiative, die auch die Einrichtung einer schnellen EU-Einsatztruppe mit 5.000 Soldaten vorsieht, unterstützen werden. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Entwicklung den Verlauf des Krieges in der Ukraine ändern wird, aber sie wird dem Ziel der EU, in Zukunft mehr strategische Autonomie zu gewinnen, neuen Schwung verleihen.
Der Europäische Rat wird am Freitag, den 25. März, bis zum Mittag tagen. Anschließend findet eine Pressekonferenz des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, statt. Damit geht ein beispielloser Sitzungsmarathon zu Ende, bei dem sich der Westen einig in seinem Bemühen gezeigt hat, den Krieg in der Ukraine zu beenden und die Sicherheit Europas für die kommenden Jahre zu stärken.