#FemaleForwardInternational
Die Kunst, eine Frau zu sein
Nadia Makova ist eine Unternehmerin, die den Stereotypen von Frauenrollen nur als Hausfrauen und Mütter trotzt.
Wenn Nadia Makova sich selbst beschreibt, verwendet sie das Wort „Energie“, und das absolut mit Recht: es ist in der Tat eine treffende Definition für ihre Persönlichkeit. Sie ist eine erfolgreiche russische Unternehmerin, Gründerin und CEO mehrerer Firmen im Bereich von EdTech (Bildungstechnologie), Eventmanagement und Kommunikation sowie der Moskauer Advanced Communications School und der LXP-Plattform (Learning Experience Platform) K-AMPUS. Sie hat dieses Feld in Russland verändert und dabei Erfahrungen sowohl in Großunternehmen, als auch in eigenen Projekten gesammelt.
Nadias Weltwahrnehmung ist bodenständig, positiv, aber auch realistisch. Dessen kann man sich selbst nach einem einstündigen Gespräch mit ihr überzeugen. Sie ist humorvoll und scheut sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Jedoch wurde sie verpönt, weil sie eine Frau ist und nicht nur Mutter sein, sondern auch Karriere machen will. Bemerkenswert an ihr ist, dass sie dem traditionellen patriarchalischen Verständnis davon, was eine Frau zu tun und zu unterlassen hat, zu trotzen versucht und es genießt, sowohl eine Familie zu haben, als auch geschäftlich aktiv zu sein.
Die Veränderung der Branche
Wenn man die Einstellung der Gesellschaft verändern will, gibt es nichts besseres, als das eigene Beispiel. Aufgrund ihrer dynamischen Karriere weiß Nadia, wovon sie redet. Noch in ihrer Schulzeit interessierte sie sich sehr für solche Bereiche, wie Kommunikation, Events und Unterhaltungsindustrie. Später begann sie bei Unilever zu arbeiten und war dort für interne Kommunikation zuständig. Sie schätzt die Erfahrung, die sie dort sammeln konnte, weil sie da viel gelernt hat. Als sie bei der Firma arbeitete, lernte sie ihren Mann kennen und bekam ein Kind. Sie hatte aber, wie sie selbst sagt, noch eine Fülle von Ideen und viel Energie. Das alles wandte sie in ihrem Lieblingsgebiet an. Vor etwa 10 Jahren steckte die Event-Marketing-Branche in Russland noch in den Kinderschuhen.
"Ich beschloss, es zu verbessern und eine Plattform für Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, zu bieten, damit sie zusammenkommen, Wissen und Erfahrungen austauschen können. Ich wollte Vermittler zwischen allen Parteien der Branche werden; so habe ich mit (Fach-) Konferenzen angefangen", erinnert sich Nadia. Sie rief auch ein Business-to-Business-Fachmagazin in russischer und englischer Sprache ins Leben, das in ganz Europa verbreitet wird.
Das reichte ihr jedoch nicht, um ihre Ambitionen zu befriedigen. "Ich beschloss, auf den nächsten Level zu steigen und dem Beruf einen legitimen Status zu verschaffen. In Russland gibt es keine Hochschulen für Eventmanagement. Dabei kann man in Europa und den USA einen solchen Abschluss an zahlreichen Universitäten erwerben. Ich fand tolle Menschen, die die Idee unterstützten und zu meinen Partnern wurden. So gründeten wir die Moscow Advanced Communication School mit der Fakultät für Eventmarketing", erzählt Nadia. Sie teilte uns mit, dass bereits 100 Absolventen ein Diplom als Producer im Eventmanagement an der Hochschule erhalten haben.
Dann wurde sie von "einem der führenden Social-Impact-Investoren" in Russland eingeladen, CEO und geschäftsführende Partnerin von Theory & Practice zu werden, einer der bedeutenden russischen Plattformen mit dem Schwerpunkt auf das lebenslange Lernen, und den Launch der LXP-Plattform K-AMPUS (Learning Experience Platform) durchzuführen. "Unser Ziel ist es, Unternehmen dabei zu helfen, nicht nur über die Bedeutung der Teamentwicklung zu sprechen, sondern entsprechend zu handeln. Unsere Mission ist es, dass jeder Mitarbeiter in jedem Unternehmen alle Chancen erhält, die er verdient. Jetzt ist es nicht nur ein Medium, sondern eine IT-Plattform, die darauf ausgerichtet ist, die Idee des lebenslangen Lernens nicht nur unter Menschen, sondern auch unter Unternehmen zu verbreiten", erklärt sie.
Im Großen und Ganzen ist ihre Karriere mit Medien, Kommunikation und EdTech verbunden und dem Ziel gewidmet, "etwas Nützliches für die Menschen zu tun". Nadia hat sich für wachsende Communities entschieden, und es scheint ein erfolgreicher Weg zu sein.
Bei ihrem ganzen Bestreben, sich ständig zu entwickeln und die Kommunikationsbranche sowie EdTech in Russland voranzubringen, möchte sie ihre work-life balance erhalten. Allerdings bringt eine Führungsposition für eine Frau gewisse Besonderheiten mit sich.
Der Fluch der sozialen Rolle
"Alle Geschäftsfrauen stehen vor einer riesigen Herausforderung: ihre soziale Rolle wird als die der Mutter und der Hausfrau wahrgenommen", sagt Nadia. In den letzten Jahren hat sie in Moskau gearbeitet, aber ihre Familie - ihr Mann und ihr Kind - lebten in St. Petersburg. "Ich war gezwungen, drei Tage in der Woche in Moskau und vier Tage in Petersburg zu verbringen. Und bei vielen Menschen, auch aus der nächsten Umgebung, spürte ich die Frage: "Wie kann sie denn so etwas tun?", sagt sie. Die Unternehmerin schildert, wie sie sich verpönt fühlte, weil sie ihre Zeit zwischen der Karriere und ihrem Sohn geteilt und sich dem Kind nicht vollständig gewidmet hat. Nadia erklärt aber, dass ihr Glaube an sich selbst ihr geholfen hat, solche boshaften Reaktionen zu ignorieren.
„Es geht nicht darum, wie viel Zeit Sie mit Ihrem Kind verbringen, sondern darum, wie Sie sich selbst fühlen. Wenn Sie nicht glücklich sind, wenn Sie nicht das tun, was Ihnen Spaß macht, wenn Sie anderen nicht helfen, kein Geld verdienen oder was auch immer Sie wählen, dann können Sie nicht die Energie haben, die es sich lohnt, an Ihre Kinder weiterzugeben“, erklärt Nadia. Allerdings fügt sie hinzu, dass ihre Philosophie in Russland nicht populär ist. Hingegen gilt es für Männer als akzeptabel, 20 Stunden am Tag zu arbeiten und nur am Wochenende Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.
Ein weiteres Beispiel, das sie anführt, ist, wie Menschen in Russland eine Frau mit einer blühenden Karriere verpönen, wenn sie eine Haushälterin anstellt. "In reiferen Kulturen wird es als normal betrachtet, und hier ist es nur ein Trend, der sich erst entwickelt. Die Menschen beginnen gerade erst zu verstehen, dass es okay ist, weil die Haushälterin eine Profi ist, die schneller und besser [die Wohnung in Ordnung bringen] kann und Sie Ihre Zeit in Ihr eigenes Projekt investieren können“, sagt sie.
Sie ist überzeugt, dass die größte Herausforderung darin besteht, das Bild der Frau zu verändern: sie soll nicht nur als Mutter und Hausfrau wahrgenommen werden, sondern vor allem als Person mit ihren Interessen, Wünschen und ihrem eigenen Weg. "Es ist wichtig, die Kraft zu haben, zu sagen: "Es ist mir egal, was man sagt oder denkt. Zuerst bin ich eine Person und erst dann jemand, der einem Gender angehört. Ich kenne meine Prioritäten und weiß, dass ich das Richtige für mich und meine Familie tue, also, bitte, machen Sie keinen Druck auf mich", sagt Nadia.
Reden wir über das Gender
"Ja, [es ist schwer, Chefin zu sein], besonders wenn man Kinder hat“, sagt Nadia. Sie meint, Frauen werden nach der Geburt eines Kindes vom Charakter her weicher, was völlig normal ist. Teams nehmen auch Projektleiterinnen anders wahr. "Wenn sie mit einer Frau sprechen, können sie ihr sagen: "Mir geht es jetzt nicht gut, ich habe Probleme mit meinem Freund usw." Das würden sie einem männlichen Manager selten mitteilen“, erklärt sie. Daher sollten sich Frauen in Führungspositionen daran erinnern, dass ihre Mitarbeiter nicht ihre Kinder sind, sonst werden sie zu weich, was dann eine negative Wirkung auf die Ergebnisse ihrer Arbeit hat. "Es ist besser, streng zu sein und das Team zu motivieren, sein Bestes zu geben", sagt Nadia. Sie fügt hinzu, dass es hier einen gravierenden Unterschied zwischen Männer und Frauen gibt, da sich Männer über diese Probleme nicht einmal Gedanken machen.
Doch im Allgemeinen scheint ihr die Kommunikationsbranche eher genderneutral zu sein. Sie meint, dass sie das Glück hat, in ihrer Branche noch nie persönlich eine gläserne Decke erlebt zu haben. Sie fügt hinzu, dass nach ihren Beobachtungen der Sexismus in diesem Bereich nicht so stark ausgeprägt ist wie in anderen. "Es gibt sicherlich Branchen und Bereiche, die als Männerdomäne wahrgenommen werden. Glücklicherweise gehören Kommunikation und Eventmanagement nicht dazu". Ihrer Meinung nach, gibt es einige Gründe dafür. "Erstens ist diese Branche neu und wird erst aufgebaut; sie entwickelte sich in der Zeit, als Menschen angefangen haben, laut über die Genderungleichheit und darüber, wie inakzeptabel sie ist, zu sprechen ", schildert sie. Außerdem werden die Fähigkeiten, die für den Erfolg in der Kommunikation erforderlich sind, traditionsgemäß mit Frauen verbunden. "Ich weiß, dass es falsch ist, von männlichen oder weiblichen Eigenschaften zu sprechen. Allerdings sind Frauen eher dazu geneigt, nach Kompromissen zu suchen und generell mehr Empathie an den Tag zu legen", erklärt sie.
"Im Allgemeinen denke ich, dass Männer und Frauen gleich sind. Es gibt sehr viele großartige Marketingagenturen, die sowohl von Frauen als auch von Männern geleitet werden", sagt die Unternehmerin.
Dies ist jedoch in anderen Branchen nicht so. "Es gab eine Umfrage der Moscow School of Business Management [in Bezug auf] das Gender Gap im Management in der russischen Wirtschaft. Es ist wirklich interessant, da 33% der Frauen sagten, dass sie es sich nicht leisten können, in Aufsichtsräten zu sitzen, weil sie sich um Familie und Kinder kümmern müssen. Das ist ein riesiges Problem, und es geht hier darum, Stereotypen in unseren Köpfen zu überwinden", erklärt Nadia.
Jetzt tut sie viel, um andere Frauen mit ihrem eigenen Beispiel zu inspirieren und zu zeigen, dass für Frauen sich Karriere und Familie nicht ausschließen. "Mein Rat an Geschäftsfrauen ist, keine Angst davor zu haben, sich ehrgeizige Ziele zu setzen und sich jeden Tag zu entwickeln, um diese Ziele zu erreichen. Die gläserne Decke ist oft nur die, die wir nur für uns selbst setzen. Natürlich gibt es in der Gesellschaft Probleme, aber die erste Grenze, die man zu überwinden hat, ist die, die man sich selbst setzt", sagt Nadia mit einem Lächeln.