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Spanien
Mehr Kork als Körper - schwierige Ausgangslage für spanische Regierungscuvée

Foto: Pedro Sanchez

Unter dem Eindruck der sich seit Monaten wieder zuspitzenden Katalonienkrise hat Pedro Sánchez sich am vergangenen Dienstag nach quälenden Monaten zum Ministerpräsidenten wiederwählen lassen. Allerdings ist der Preis hierfür in vielerlei Hinsicht hoch. Die Koalition zwischen Sánchez´ Sozialisten mit der linkspopulistischen Partei Unidos Podemos, die trotz monatelanger Verhandlungen noch im Sommer als unmöglich galt, wurde nun nach den vorläufig letzten Wahlen vom 10. November auf Basis erheblicher - insbesondere fiskalpolitischer - Zugeständnisse in Rekordzeit festgezurrt. 

Die beiden Koaltionspartner kommen zusammen nicht auf die absolute Mehrheit im spanischen Parlament. Erst die katalanische Unabhängigkeitspartei ERC und die baskische Separatistenpartei EH Bildu haben die Wahl durch ihre Enthaltungen möglich gemacht. Auch in der Vergangenheit gab es im zersplitterten spanischen Parlament immer wieder die Notwendigkeit, Regionalparteien für die Mehrheitsbeschaffung einzubinden. Doch stand dabei auf Seite dieser trotz ausgeprägter Partikularinteressen meist die Sorge um die Regierbarkeit des Landes als Ganzes im Vordergrund – davon kann dismal keine Rede sein. Die Sprecherin von ERC ließ im Kongress während der Debatte am Dienstag verlauten, die Regierbarkeit des Landes sei ihr “völlig egal”, wobei das die zivilisierte Übersetzungsvariante ihres Kraftausdruckes im spanischen Original ist. Wer wie Sánchez von solchen Stimmen abhängig ist, weiß am Abend im Prinzip nicht, ob er am Morgen noch als handlungsfähiger Regierungschef aufwacht. 

Zumal die Unabhängigkeitsbefürworter klar gemacht haben, dass ihr Pakt mit den Sozialisten nur für die Amtseinführung gelte, aber nicht für das laufende Regierungshandeln und keinesfalls für die zentralen Haushaltsabstimmungen. Sie fordern ein neues bilaterales Dialogformat zwischen der Nationalregierung und Katalonien u.a. mit dem Ziel, über die Freilassung der jüngst verurteilten Anführer des illegalen Referendums aus dem Jahr 2017 und über ein neues Unabhängigkeitsreferendum zu verhandeln. Das darin zum Ausdruck kommende Verständnis für rechtsstaatliche Gepflogenheiten, wie z.B. eine unabhängige Justiz, macht betroffen. Für 2021 angesetzte regionale Parlamentswahlen in Katalonien dürfen als Garant dafür verstanden werden, dass sich der Diskurs der neuen “Partner” keinesfalls entspannen sondern vielmehr an Radikalität zunehmen wird. Denn ERC steht in Katalonien von Seiten noch extremerer Unabhängigkeitsapologeten unter Druck – jedes Einknicken gegenüber Sánchez in Fragen der Katalonienfrage würde ihnen “zuhause” als Verrat angekreidet und im Wahlkampf ausgeschlachtet werden.

Für die spanische Rechte – und hier insbesondere die neue ultrakonservative Formation VOX, die aus den letzten Wahlen im November als der große Gewinner hervorging - dürfte sich die neue Regierung als idealer Wachstumsbeschleuniger erweisen. Denn die Geduld vieler Spanier mit dem Gebahren der katalanischen Separatisten neigt sich dem Ende entgegen. So sehr man sich daher angesichts der Herausforderungen in Europa und der Welt ein entschlossenes Spanien als starker Partner an der Seite Deutschlands wünscht, so wenig besteht derzeit die Hoffnung, dass das Land seine es lähmenden innenpolitischen Konflikte alsbald wird lösen können.

 

Dieser Artikel erschien erstmalig am 17.01.2019 auf Seite 6 der Fuldaer Zeitung.