Liberale Stichtage

08.05.2009 - Liberale Stichtage: Theodor Heuss hält Abschlussrede zum Grundgesetz

Es war aus liberaler Sicht der vorläufige Schlusspunkt unter die Grundgesetzberatungen. Dabei wollte der liberale Fraktionsvorsitzende keine staatsrechtliche Abhandlung geben, sondern eine politische Rede „mit Fechten nach allen Seiten“ halten.

In der Tat teilte Theodor Heuss in seiner Abschlussrede zunächst noch einmal nach allen Seiten aus und führte die Antagonisten einer liberalen Verfassungsgebung namentlich auf: bayrische Extremföderalisten, die katholische Kirche mit ihrem Elternrecht und die rechthaberische SPD-Führung um Kurt Schumacher.

Dass das Beratungsergebnis dennoch in seinen Augen ansehnlich war, führte Heuss vor allem auf die „Mittleraufgabe“ der FDP-Fraktion zurück (vgl. Liberaler Stichtag 31.8.08). Trotz aller ironischen Töne war sich Heuss, der die großen Umwälzungen der letzten Jahrzehnte hautnah miterlebt hatte, der Bedeutung des Tages bewusst, zumal das Datum der Schlussabstimmung kalendarisch auf den gleichen Tag wie das Kriegsendes 1945 fiel.

Er wandte sich deshalb gegen jedes Pathos, sondern forderte die Deutschen unter Hinweis auf seinen schwäbischen Landsmann Schiller dazu auf, die nun wieder vorhandenen „Ansätze … zum bloßen politisch einheitlich Lebenkönnen“ fortan „ganz nüchtern und bescheiden“ zu nutzen. Nachdem Heuss in dieser Weise das neue Grundgesetz abschließend als „ein ganz kleines Stück festen Bodens für das deutsche Schicksal“ gelobt hatte, verzeichnete das Protokoll „lebhafte Bravorufe und Händeklatschen“.

Im Amt des Bundespräsidenten, für das sich Heuss nicht zuletzt auch mit dieser Rede empfohlen hatte, trug er tatkräftig mit dazu bei, dass aus diesen Anfängen ein breites Fundament für eine neue politische Kultur der Deutschen wurde.

Das Grundgesetz beim Deutschen Historischen Museum

Liberale Stichtage - mit dieser Serie erinnert das Archiv des Liberalismus in unregelmäßigen Abständen an Ereignisse und Personen aus der Geschichte des deutschen Liberalismus.