50 Jahre THA
Wenn altehrwürdige Institutionen Jahrestage begehen, dann kann man – siehe die britische Queen – die Feier schon mal vom Anlass etwas lösen. So auch im Fall der Theodor-Heuss-Akademie, bekannter und populär unter ihrem Kürzel THA, die am heutige Sonntag das erste halbe Jahrhundert ihres Bestehens feiert. Die eigentliche Eröffnung fand zwar im Mai 1967 statt (s. https://www.freiheit.org/vor-50-jahren-eroeffnung-der-theodor-heuss-akademie), aber es liegt natürlich nahe, die Feierlichkeiten mit dem traditionellen Sommerfest zu verbinden.
So wird an diesem Wochenende auf fünf wahrhaft bewegte Jahrzehnte zurückgeblickt, in denen die THA vor allem immer eins gewesen ist: eine liberale Institution sui generis. Ihre Besonderheit zeichnete sich schon an der Wiege ab, denn bis dahin war von den deutschen Liberalen niemals ein solch großes Projekt betrieben worden, weder als Bauvorhaben noch als Bildungseinrichtung. Dass es überhaupt zustande kam, verdankt es einerseits sehr rührigen Stiftungsgremien und der Schützenhilfe eines nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister mit guten Beziehungen nach Gummersbach, wo sich die Stadt sehr aufgeschlossen und kooperativ zeigte, sowie andererseits nicht zuletzt der Spendenbereitschaft breiter Kreise, die mit dem Liberalismus sympathisierten. Angesichts der Rahmenbedingungen sind die schnelle Fertigstellung in knapp zwei Jahren und das Unterschreiten (!) des ursprünglich veranschlagten Kostenrahmens nur mit Bewunderung zu konstatieren, insbesondere wenn man sie mit aktuell laufenden Bauprojekten vergleicht.
Der Name war natürlich in doppelter Hinsicht eine große Herausforderung, sollte und wollte man doch an das Werk eines der ganz großen Liberalen des 20. Jahrhunderts auf sehr reflektierter Ebene anknüpfen. Dies ist zweifellos gelungen, was vor allem der Riege der inzwischen zehn Akademieleiter zu verdanken ist, auch wenn man den Einsatz der übrigen Mitarbeiter vom Dozenten über die Empfangsdamen bis hin zu den Köchen nicht unterschätzen sollte. Aber für die geistig-kulturelle Ausstrahlung der THA setzten vor allem die Akademieleiter die entscheidenden Akzente, durchaus sehr unterschiedlich, teils intellektuell-feingeistig, teils politisch-programmatisch, teils auch eher organisatorisch-managerhaft.
So hatte die THA neben ihrem klassischen Seminarangebot zur politischen Bildung und zum Training von politisch-gesellschaftlichen Fertigkeiten auch immer mal wieder überraschende Schwerpunkte, sei es als Rahmen und Rückgrat für die Formulierung der berühmten „Freiburger Thesen“, sei es als Herberge für osteuropäische Aussiedler, sei es Ausgangspunkt für bildungspolitischen Maßnahmen im Übergang vom realexistierenden Sozialismus zur freiheitlichen Demokratie. Legion ist daneben die Zahl der Veranstaltungen, wo die THA Forum gewesen ist für die Diskussionen zwischen und mit bekannten gesellschaftlichen Vordenkern und herausragenden politischen Persönlichkeiten, deren Auswahl nie an den Grenzen des „liberalen Lagers“ halt gemacht hat.
Von Anfang an gab es ein breites Veranstaltungs-Angebot, das im Laufe der Jahre immer breiter geworden ist, sich Kooperationspartnern und Gastveranstaltungen öffnete. So wurde die THA zur Heimstatt sehr unterschiedlicher Gruppen, nicht nur von Parteimitgliedern und sonstigen „Liberal-Organisierten“, sondern auch von anderen „Bildungsbeflissenen“, von Stipendiaten, Schülern, Studenten oder von Freunden des Films, des Kabaretts oder der bildenden Künste. Die Zahl der „THA-Fans“ ist inzwischen zweifellos immens, zumal sie sich nun auch international zusammensetzen. Denn auch im Ausland besitzt die THA einen guten Ruf, nicht zuletzt dank des Besuchsprogramms für Ortskräfte und Partner aus den internationalen Projekten der Stiftung, aber auch dank der Meetings vornehmlich jüngerer europäischer Liberaler.
Natürlich hat auch die THA Auf-und-Abs erlebt, auch ihre Schließung stand schon mal zur Diskussion. Die vielleicht schwerste Krise wurde durch die Verlagerung des politischen Zentrums vom Rhein an die Spree ausgelöst, verdankte die THA doch ihren Standort auch einer – vermeintlichen – Nähe zur damaligen „Hauptstadt“ Bonn. Das spielte zwar im Akademieprogramm nie eine große Rolle, aber dennoch wurde in den 1990er Jahren die Frage nach ihrer Zukunft gestellt. Aber es zeigte sich schnell, dass der Akademiebetrieb – wie schon vorher – ohne Nähe zu einem politischen Zentrum funktionierte, ja eine Ferne zu ihm dafür durchaus förderlich sein konnte.
Und die Weiterführung der THA war auch ein Signal, dass der Liberalismus bei aller Euphorie über die Einheit und bei allem Drang nach Berlin im Westen der Republik nicht nur präsent blieb, sondern dort auch eines seiner Fundamente beibehielt. Insgesamt ist die Stiftungsarbeit am Standort Gummersbach seit der Jahrtausendwende nicht geringer geworden, sondern im Gegenteil weiter ausgebaut worden. Nunmehr arbeiten dort neben der THA drei weiteren Arbeitseinheiten an den Stiftungszielen.
Somit gibt es viel Anlass zu feiern und auch viel Gewissheit, dass vom – wie es jetzt heißt – Gummersbacher „Zauberberg“ auch weiterhin eine große liberale Ausstrahlung ausgeht, wobei natürlich die THA schon allein räumlich den „Leuchtturm“ darstellt, der auch in fünfzig Jahren noch scheinen wird.