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Deutsche Nationalversammlung
„Demokratie und Freiheit schützen!“

Erinnerung an den „Hallgartenkreis“ und die deutsche Nationalversammlung
FNF
© Dirk Beichert

Wenige Tage vor dem 175-jährigen Jubiläum des Einzugs der deutschen Nationalversammlung in die Frankfurter Paulskirche wurde am Sonntag, 7. Mai, im Rheingau das „mutige Engagement der damaligen Kämpfer für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat“ gewürdigt. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und die Konrad-Adenauer-Stiftung luden dazu an einen historischen Ort - in das Hofgut des Politikers Adam von Itzstein in Hallgarten (Oestrich-Winkel). Dort hatten sich liberale und demokratische Vordenker bereits viele Jahre vor dem 18. Mai 1848 regelmäßig versammelt. Einige Teilnehmer dieses sogenannten „Hallgartenkreises“, einer der wichtigsten Zusammenschlüsse liberaler Oppositioneller des Vormärz, wurden später Abgeordnete in der Frankfurter Nationalversammlung.

Die heutige Gutbesitzerin, Dr. Gabriele Willner, bezeichnete in ihrer Begrüßung von Itzstein als ausgesprochen „umtriebig“ und als einen „unermüdlichen Netzwerker“, der über eintausend Briefe im Jahr verfasst habe. Seit 1835 habe er an den „Spitzeln der Polizei vorbei“ große Persönlichkeiten an den Hof geholt und sich dabei als „liebenswerter und großzügiger“ Gastgeber präsentiert.

Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Hessens Kultusminister, ging in seinem Grußwort näher auf die Paulskirchenverfassung ein: „Sie hielt an der Monarchie fest und ist schließlich an ihr gescheitert.“ Auch habe sie keinen „grundlegenden Systemwechsel“ zum Ziel gehabt. Andererseits seien die Freiheitsrechte des einzelnen Bürgers als Grundrechtskatalog formuliert worden, abgesichert durch eine Verfassungsgerichtsbarkeit.

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, bedauerte in einem Impuls, dass das Scheitern der Paulskirchenversammlung so oft im Vordergrund stehe. In Frankfurt seien jedoch wichtige parlamentarische Erfahrungen gemacht worden, durch Fraktionsbildungen, Treffen in Gaststätten und „endlos lange“ Reden. Große Impulse auf die Nationalversammlung seien vom Hallgarten ausgegangen. Paqué erwähnte einige führende Köpfe des „Hallgartenkreises“ wie Friedrich Daniel Bassermann, der heute ein Wirtschaftsliberaler und damals vielleicht Kanzler geworden wäre. „Sie deckten die ganze künftige Spannbreite der entstehenden Freiheitsbewegung ab, wurden zu zentralen Gestalten der Revolution von 1848 und haben dafür zum Teil teuer bezahlt, Robert Blum sogar mit seinem Leben.“ Schade sei, dass der Kreis im Geschichtsunterricht eher eine Randnotiz spiele: „Hallgarten gehört in die Lehrbücher der deutschen Demokratie - mehr noch als bisher geschehen.“

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Norbert Lammert, verwies in seiner Keynote auf die eindrucksvolle Freiheits- und Demokratiegeschichte Deutschlands, mit ihren Anfängen in den Auswirkungen der französischen Revolution über das Wartburgfest und das Hambacher Fest bis zur Frankfurter Paulskirche. „Der Versuch, vor 175 Jahren Demokratie und Nationalstaat gleichzeitig zu realisieren, war offenkundig zu ehrgeizig. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass es das Grundgesetz mit seinem Katalog einklagbarer Grundrechte ohne die Frankfurter Paulskirchenverfassung gar nicht gäbe“, sagte Lammert. „Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die dieses Land je hatte und überdies eine der ältesten Verfassungen dieser Welt.“

Dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, offenbart der Demokratieindex der britischen Zeitung „The Economist“. Dort würden aktuell gerade einmal zwei Dutzend „funktionierende“ Demokratien aufgeführt, berichtete Lammert. „Wer Demokratie und Freiheit schützen will, der muss sie vor Kleinmut und Übermut schützen“, betonte der frühere Bundestagspräsident.

Angesichts der weltweiten Gefährdung von Menschenrechten komme es auf den Zusammenhalt von Demokraten an, mahnte der FNF-Ehrenvorsitzende Dr. Wolfgang Gerhardt in seinem Schlusswort. Er zitierte Albert Einstein, der die Herausforderung mit dem Satz beschrieben habe, dass die Welt nicht nur von denen bedroht sei, die böse sind, sondern auch von denen, die dem Bösen nicht entgegenträten.

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Karl-Heinz Paqué
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