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MINT GIPFEL 2023
Mehr MINT-Kraft für Deutschland

MINT
© picture alliance / photothek | Liesa Johannssen

Am heutigen Mittwoch findet der 11. Nationale MINT Gipfel statt. Im Vordergrund steht der Fachkräftemangel – wieder einmal. Doch die Lage hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft, sodass klar ist: Es braucht ein neues MINTeinander.

MINT ist nicht nur eine Geschmacksrichtung, sondern viele: Mit der Abkürzung werden Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zusammengefasst. Die Absolventinnen und Absolventen dieser Fächer tragen in Unternehmen und Forschungseinrichtungen maßgeblich zur Innovationkraft Deutschlands bei. Auch für Herausforderungen wie die Digitalisierung oder die Dekarbonisierung kommt den MINT-Fachkräften eine Schlüsselrolle zu. Doch es gibt Grund zur Sorge: Wie bereits der MINT-Herbstreport 2022 des IW Köln gezeigt hat, wird die sogenannte MINT-Lücke wieder größer, nachdem sie coronabedingt kurz kleiner geworden war. „Im Oktober 2022 lagen in den MINT-Berufen insgesamt rund 502.200 zu besetzende Stellen vor“, konstatierte die Forscherinnen und Forscher damals, „gleichzeitig waren bundesweit 176.910 Personen arbeitslos gemeldet, die gerne einem MINT-Erwerbsberuf nachgehen würden.“

MINT-Potenzial muss genutzt werden

Gleich zwei Gründe gibt es, warum es wenig Grund zum Optimismus gibt. Zum einen macht der demographische Wandel auch vor dem MINT-Sektor nicht halt. Wenn Fortran ein Arbeitnehmer wäre, er würde in diesem Jahr in Rente gehen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die ein MINT-Studium aufnehmen immer weiter. Waren es 2011 noch deutlich über 200.000 Studierende, so sind es 2021 nur noch 172.000 gewesen. Anläßlich der Vorstellung des MINT-Aktionplans 2.0 im vergangenen Juni stellte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger daher bereits sehr richtig fest: „Wir können es uns nicht länger leisten, MINT-Potenzial ungenutzt zu lassen.“ Der 11. Nationale MINT Gipfel, der am heutige Mittwoch stattfindet, verspricht weitere Wege aufzuzeigen, um die Probleme anzugehen.

MINT

Abseits der „MINT-Lücke“ gibt es gleich mehrere Baustellen. Dies gilt umso mehr, als dass MINT nicht nur viele Studiengänge, sondern auch viele Ausbildungsberufe durchdringt. Eine australische Studie hat vor einiger Zeit sogar einmal herausgearbeitet, dass es gerade die „blue collared workers“ sind, die am meisten Mathematik anwenden.

Ein großes Problem ist das ungenutzte Potenzial weiblicher MINT-Profis. So ist der Anteil der weiblichen MINT-Fachkräfte zwar mittlerweile etwas gestiegen, doch ist der Anteil an Frauen in diesen Fächern trotzdem immer noch recht gering. 2019 waren beispielsweise nur 22,6 Prozent der erwerbstätigen MINT-Akademiker Frauen. Auch bei den Studienanfängern gibt es nach wie vor ein wesentliches Ungleichgewicht. Bedenkt man, dass MINT-Fächer in der Regel zu den besserbezahlten Berufen gehören, liegt hier auch eine Ursache für den sogenannten „gender pay gap“. Wie das MINT Nachwuchsbarometer von acatech und der Joachim Herz Stiftung zeigt, ist es allerdings nicht nur wichtig, den eigenen Pool an Nachwuchskräften zu vergrößern, sondern es auch denjenigen Fachkräften einfacher zu machen, die aus dem Ausland einwandern wollen. Potenzial gibt es hier genug, denn MINT-Studiengänge werden gerade von ausländischen Studierenden in Deutschland gerne gewählt.

Genuine Bildungskooperationen sind gefragt

Eine weitere Baustelle ist die Qualifikation der Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Allen MINT-Fächern ist gemein, dass der Mathematik-Anteil relativ hoch ist. Doch gerade in diesem Fach gibt es teils große Defizite, zuletzt hatte beispielsweise der IQB-Bildungstrend 2021 gezeigt, dass ganze 22 Prozent der getesteten Schülerinnen und Schüler den KMK-Regelstandard im Fach Mathematik verfehlen. Dass linke Bildungspolitiker nun fordern, dass Fach dann eben gleich aus dem Abitur zu streichen, ist zwar ein Rezept für eine bessere Abiturquote, von allgemeiner Hochschulreife sollte man dann aber nicht mehr sprechen.

Vielversprechender sind da die Ansätze des nationalen MINT-Forums. Einzelne Panels befassen sich mit dem Begeisterungspotenzial der Wirtschaft, der außerschulischen MINT-BIldung und Kooperationsformen zwischen Wirtschaft, Schule und Politik, wobei letztere beispielsweise über die Fachkräftestrategie Impulse setzt. Dieser holistische Ansatz enthält bereits den Schlüssel zu einer besseren MINT-Bildung: die Verantwortung hierfür kann man nicht einzelnen Lehrkräften im Klassenzimmer zuschieben. Stattdessen sind genuine Bildungskooperationen gefragt – Hochschulen können ein Schülerstudium Mathematik anbieten, Unternehmen den Wert von MINT-Bildung für den Alltag aufzeigen und Bildungsinitiativen wie die „Stiftung Kinder forschen“ kann schon früh Begeisterung an MINT-Fächern wecken. Doch am Ende gilt: Entscheidend is auf’m Platz bzw. im Klassenzimmer: Mathematik sollte kein Angstfach sein, sondern eine Quelle des Selbstbewusstseins. Wenn es einer Schülerin beispielsweise gelingt, mithilfe der Linearen Algebra die Preiskalkulation der Schülerfirma zu meistern, erlebt sie echte Selbstwirksamkeit und wird das Fach zukünftig mit anderen Augen sehen. Wo Probleme sind, können digitale Angebote, die immer stärker KI-gestützt sein werden, sicherlich helfen.

Auch wenn die Probleme groß sind: gerade die Menge an didaktisch hochwertigen digitalen Angeboten zeigt, dass wie MINT gleichzeitig den Weg zu Lösungen ebnet – und vielleicht auch dabei hilft, die MINT-Lücke zu schließen. Denn eines ist klar: ohne fähige MINT-Kräfte hat der Zukunftsstandort Deutschland keine Chance.