EN

Veranstaltung
Potsdam M100 Colloquium – Medien-Preisverleihung an das ukrainische Volk

m100

Wladimir Klitschko steht bei der Verleihung des M100 Media Awards anlässlich des M100 Sanssouci Colloquiums im Orangerieschloss im Park Sanssouci neben Donald Tusk, ehemaliger Polnischer Ministerpräsident und ehemaliger Präsident des Europäischen Rates, Amy Gutmann, Botschafterin der Vereinigten Staaten (USA) in Deutschland, und Mike Schubert (SPD), Oberbürgermeister von Potsdam. Der M100 Medienpreis wird in diesem Jahr an das ukrainische Volk verliehen. Wladimir Klitschko nimmt ihn stellvertretend entgegen.

© picture alliance/dpa/dpa Pool | Bernd von Jutrczenka

Mike Schubert, der Oberbürgermeister der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam, unterstreicht es in seiner Begrüßungsansprache gleich vorab. Die M100-Idee hat an Gewicht und Bedeutung für die Medien, Gesellschaft und Politik stets dazugewonnen. Nicht einmal ein Jahr ist es her, als Bundesminister Christian Lindner in seiner Laudatio-Rede auf Alexei Nawalny vor der Entwicklung in Russland gewarnt hatte, und schon steht mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz diesmal der höchste Regierungsvertreter ganz oben auf der Rednerliste.

Gleich danach bringen die neue Botschafterin der USA, Frau Dr. Amy Gutmann, sowie der ehemalige Premierminister Polens und EU-Ratspräsident Donald Tusk ihre Einschätzung der Lage und ihre Dankbarkeit für die Ukraine zum Ausdruck.

Noch mehr verbale Anerkennung an einem Donnerstagabend in Potsdam für den heldenhaften Überlebenskampf eines brutal überfallenen Landes kann mit Worten kaum geäußert werden. Aber, und da sind sich alle Redner im Verlauf dieses Abends einig, es kommt nicht auf Worte an. Diesen müssen unbedingt Taten folgen.

Schubert nannte die Bürgermeister in den Städten der Ukraine die Helden in der Fläche, denn es ist kein Vergleich mit den Nöten in den Rathäusern ihrer deutschen Kollegen, die sich jetzt über die steigenden Energiekosten den Kopf zerbrechen müssen. Die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland müssen von den Entscheidungsträgern ernst genommen werden. In den besetzten und bombardierten Orten steht das Leben der Ukrainerinnen auf dem Spiel. Inzwischen wird es als ein klares Ziel Putins eingestuft, die deutsche Gesellschaft und den Westen insgesamt zu spalten. Aus der Entfernung erfolgt der Einsatz von hybriden Waffen wie der Erpressung durch die Lieferung von Gas, aber auch der Einsatz von Desinformation. Wie bereits Voltaire einmal während seiner Potsdamer Zeit in den 1750er-Jahren betonte, führen nur Tyrannen Angriffskriege, erinnerte der Potsdamer Gastgeber in der Orangerie von Sanssouci. Oberbürgermeister Schubert erinnerte auch daran, dass mit dem amtierenden Bürgermeister Kyjiws, Witalij Klitschko, der M100-Preis schon einmal, 2014 nach der russischen Krim-Annexion und dem Kriegsausbruch im Donbas, von einem der Brüder entgegengenommen worden ist. Witalij mahnte damals, wenn der Westen keine konsequente und harte Haltung gegenüber Putin zeigt, wird dieser viel weitergehen und selbst die Hauptstadt der Ukraine Kyjiw bombardieren – leider hat er sich nicht geirrt. 

Bundeskanzler Scholz machte eines gleich klar: Wer mit Putin spricht, muss es wissen, dass dieser die Grenzen Europas neu ziehen will, aufgrund von vorgeschobenen pseudowissenschaftlichen Erkenntnissen über Sprache und Geschichte - doch die Grenzen in Europa dürfen nie wieder verschoben werden, weil ein Staatsoberhaupt irrsinnige Ansprüche aufstellt und einem bodenlosen Revanchismus-Gedanken verfällt.

Das Volk der Ukraine ist jetzt eine vereinte Nation

Deutschland wird dem Land jede Hilfe zukommen lassen, damit das ukrainische Volk seine Freiheit verteidigen kann. Scholz erklärte, dass Deutschland jetzt die modernsten Waffen liefert und kündigt an, dass noch viele Entscheidungen getroffen werden müssen, immer bedarfsorientiert und gemeinsam mit den Partnern.

Olaf Scholz kündigte eine Ukraine-Konferenz der G7 und der EU am 25.10.2022 in Berlin zum Wiederaufbau des Landes an und betonte, dass Deutschland seinen Handlungsauftrag aus der eigenen Geschichte zwischen 1933-45 herausnimmt. Auch die EU zu erweitern, liegt im deutschen Interesse: die Ukraine, Moldova, Georgien sowie die Westbalkan-Staaten gehören, wenn sie es wollen, ganz selbstverständlich in das gemeinsame europäische Haus.

Lob vom Kanzler bekamen die M100-Veranstalter für die Workshop-Reihe, an der junge europäische Medienschaffenden aus Ost und West die Realitäten des Journalismus sowie die Probleme Europas und der Welt behandeln, zusammen lernen und Ideen für die Zukunft entwickeln, um anschließend als M100-Alumini gut miteinander vernetzt heimzufahren. Seit 2019 werden diese Workshops im Vorfeld des Potsdamer Kolloquiums vom Internationalen Journalisten- und Mediendialogprogramm der FNF organisiert und mitgestaltet. Die FNF fördert damit die Etablierung eines Grenzen übergreifenden, unabhängigen Mediennachwuchses in Europa. Olaf Scholz unterstrich auch, dass die Unterstützung für Putins Gegner in Russland und der Kampf gegen die russische Desinformation für Deutschland und die freie Welt elementar wichtig sind.

Mediennachwuchs gegen Desinformation

Die neue US-Botschafterin in Deutschland, Frau Dr. Amy Gutmann, nahm den Gedanken auf, dass die Ukrainer für uns alle kämpfen. Sie erinnerte an den Preis dieses Kampfes, den so viele Kinder zahlen müssen, gerade jetzt im September, wo sie sich auf die Schule freuen sollten und stattdessen mit Tod, Wunden und Schmerz leben. Gutmann dankte Deutschland und bat darum, mehr zu tun -alles was uns möglich ist, um das Leiden der Ukrainer zu beenden und den Aggressor zurückzuschlagen.

Donald Tusk, ein ausgesprochener Freund der europäischen Idee und der polnisch-deutschen Versöhnung, sprach so wie es unter den Freunden sein soll: offen und ehrlich und machte auf die Fehler der letzten Jahre aufmerksam. Er forderte weniger Symbolik und mehr Panzer von Deutschland. Es ist die moralische Pflicht aller, weil bei diesem Konflikt alles so eindeutig ist. Viel klarer als sonst können wir hier zwischen Schwarz und Weiß unterscheiden. 2008 hatte Polen recht, als es um die NATO-Aufnahme der Ukraine ging und Tusk als polnischer Regierungschef sich dafür aussprach, aber auch 2014, als er die europäische Energie-Union verlangte. Die Zeit kann jetzt nicht mehr zurückgedreht werden, sagte Donald Tusk und gab zu, dass es ein bitteres Gefühl bei ihm verursacht. Stolz auf das eigene Land vermischt sich mit dem Mitleid und dem Ärger, die Entwicklung bis zum 24. Februar nicht verhindert haben zu können.

Wladimir Klitschko, der den Preis für seine Heimat entgegennahm, erklärte, dass die Ukraine für die ganze freie Welt kämpft. Klitschko dankte besonders dem polnischen Volk, weil es das Gefühl kennt, angegriffen zu werden und vor der Gefahr einer vollständigen Vernichtung zu stehen. Jetzt tun die Polen für die Ukrainer wirklich alles, damit sie überleben. Klitschko ist vom Sieg der Ukraine überzeugt, weil die Ukrainer spätestens seit dem Euro-Majdan nie wieder vor einer Übermacht knien würden. Ihre Moral und Ausdauer kann nicht gebrochen werden. Es geht aber um die Höhe des Preises, der für das Überleben bezahlt wird, und dabei spielt Deutschland die entscheidende Rolle

In Davos bei der Weltwirtschaft-Konferenz musste Klitschko russische TV-Kanäle im Hotel ertragen, wie kann das sein? Die reichen Russen aus der Mitläufer-Elite reisen immer noch in die europäischen Kurorte und genießen ihr Leben, wie kann das sein? Klitschko will Bundeskanzler Scholz beim Wort nehmen, denn das, was er gerade versprach, muss er jetzt halten. Die Frontlinie dieses Krieges verläuft immer noch in der Ukraine, deshalb müssen die deutschen Panzer auch dort sein. Die Ukrainer sind bereit, wenn es genug Waffen für sie gibt, Putin zu stoppen und die russische Aggression zu beenden, denn es ist nicht nur Putins Krieg. Die russischen Medien haben es geschafft, bis zu 80 Prozent der Bevölkerung so mit Propaganda zu beeinflussen, dass ein Gesprächsversuch am Telefon mit alten Freunden in Russland für Wladimir unmöglich geworden ist. 

Die russischen Medien-Größen haben der Verlockung nicht widerstanden, sich von Putin korrumpieren zu lassen, und tragen jetzt die Mitschuld der Gehirnwäsche am eigenen Volk, erklärt Klitschko. Wie die russischen Soldaten, die in der Ukraine töten, foltern und vergewaltigen, haben auch die Propagandisten des Kremls einen Vor- und Nachnamen, und müssen eines Tages vor einem Gericht die gerechte Strafe für ihre Taten bekommen.

Lange bis in die Nacht hinein standen Deutschlands Bundeskanzler und der ehemalige Boxweltmeister aus der Ukraine zusammen. Der Regierungschef hat viel und sehr aufmerksam zugehört. Auf die Ergebnisse dieses Abends werden die Menschen in der Ukraine hoffentlich nicht lange warten müssen.

 

Journalistische Unparteilichkeit in Zeiten des Krieges – Der Umgang mit Fake News und Desinformation

M100

In dem fünftägigen M100 Young European Journalists (YEJ) Workshop hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Input von Experten aus verschiedenen Bereichen zu erhalten und das Gelernte intensiv zu bearbeiten. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden vermittelt, wie man Fake News und Deepfakes erkennt, welche Tools dafür existieren und wie professionelle Faktenchecker und Plattformen wie Facebook mit der wachsenden Flut von Desinformationen umgehen. Gerade während der Pandemie und in den letzten Monaten hat der Angriff Russlands auf die Ukraine gezeigt, wie wichtig es ist, Desinformationen zu erkennen, zu identifizieren und zu bekämpfen.

Weiterlesen

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Inhalt ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.