Digitalisierung
Verwaltungsdigitalisierung braucht Kulturwandel
Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung ist entscheidend, um mit den steigenden Anforderungen einer modernen Gesellschaft Schritt zu halten. Sie kann Prozesse effizienter gestalten, Wartezeiten verkürzen und den Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen vereinfachen. Auch aus wirtschaftlicher Perspektive ist Verwaltungsdigitalisierung von zentraler Bedeutung, weil sie bürokratische Hürden abbaut und Unternehmen schneller, kostengünstiger und effizienter mit Behörden agieren lässt.
Klar ist auch: Die Digitalisierung der Verwaltung ist ein herausforderndes Projekt. Dies gilt insbesondere für die kommunale Ebene, da hier die digitale Transformation am unmittelbarsten spürbar ist. Dennoch handelt es sich um eine Aufgabe, der sich die rund 11.000 Gemeinden in Deutschland stellen müssen. Eine zentrale Schwierigkeit besteht darin, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunaler Verwaltungen aufgrund von Überforderung, fehlenden Kompetenzen, Ängsten und Technophobie skeptisch gegenüber digitalen Veränderungen sind. Im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Organisationen, die flexibler auf Veränderungen reagieren, sind öffentliche Organisationen in Deutschland traditionell stabiler und stärker reguliert, was Innovationen weiter hemmt.
Ein innovativer Ansatz, um diesen Wandel zu unterstützen, sind Digitallotsen-Programme, die sich in Kommunen als effektives Bindeglied zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften etabliert haben. Digitallotsen in der Verwaltung unterstützen den Prozess der Digitalisierung und die Einführung neuer Technologien in kommunalen Behörden. Ihre Aufgabe ist es, als Vermittler zwischen technologischem Fortschritt und den Mitarbeitenden zu agieren, die die Digitalisierung der Verwaltung letztlich umsetzen müssen.
In einer Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit dem Titel „Digitallotsen in der Verwaltung“ wird nun eines dieser Digitallotsen-Programme genauer unter die Lupe genommen. Die Autorinnen Dr. Caroline Fischer (Universität Twente) und Dr. Jessica Breaugh Bossdorf (ESCP Business School Berlin) untersuchen hierzu die Erfahrungen der Stadt Moers. Die Fallstudie zeigt, dass Digitallotsen den digitalen Wandel fördern, indem sie das digitale Selbstvertrauen der Mitarbeitenden signifikant steigern und Ängste abbauen. Nach 18 Monaten Programmzeit gaben 57 % der Mitarbeitenden an, sich auf die Unterstützung ihrer Digitallotsen verlassen zu können. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Unterstützung erhielten und ihren Lotsen vertrauten, zeigten am Ende der Untersuchung ein höheres digitales Selbstvertrauen. Insgesamt wurde das Digitallotsen-Programm sowohl von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch den Digitallotsen positiv bewertet.
Die Studie identifiziert sechs wesentliche Erfolgsfaktoren für Digitallotsen-Programme: (1) Auswahl motivierter und empathischer Lotsen, (2) Gewährleistung ausreichender Zeitressourcen für Lotsen, (3) Nutzung des lokalen Fachwissens der Lotsen, (4) Konzentration auf spezifische Aufgaben und Reduktion der Überlastung, (5) Integration der Lotsen in umfassendere Digitalisierungsstrategien und (6) Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit. Während Digitallotsen signifikante Beiträge leisten können, sollten sie nicht allein die Verantwortung für den digitalen Wandel tragen. Die Programme sollten als ergänzendes Instrument innerhalb eines umfassenderen Veränderungsmanagements verstanden werden.
Aus liberaler Sicht zeigt die Studie, dass eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung auf Eigenverantwortung, Flexibilität und Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeitenden aufbaut. Digitallotsen-Programme sind ein positives Beispiel dafür, wie gezielte Unterstützung und individuelle Förderung den Wandel in Behörden vorantreiben können, ohne zusätzliche Bürokratie zu schaffen.
Das Vertrauen der Bürger in einen handlungsfähigen Staat und die Demokratie hat massiv abgenommen. Bei der Digitalisierung hinkt Deutschland der allgemeinen Entwicklung hinterher, das gilt besonders bei der Digitalisierung der Verwaltung auf allen Ebenen: Viel zu viele kleinteilige Digitalprojekte in den Ministerien und kaum gemeinsame Schnittstellen. Ein digitaler Haushalt für die Bundesverwaltung, der transparent macht, in welcher Größenordnung in welchen Verwaltungen Steuergelder für die Digitalisierung veranschlagt sind und was das tatsächlich gebracht hat, fehlt bis heute. Das Digitallotsen-Programm ist ein positives Beispiel für gezielte Unterstützung und individuelle Förderung in den Kommunalverwaltungen. Anhand konkreter Beispiele wird deutlich, wie der kulturelle Wandel zur digitalen Kommunalverwaltung vorangetrieben werden kann. Ohne motivierte Mitarbeitende wird dieser Transformationsprozess nicht gelingen.