Künstliche Intelligenz
Was ist eigentlich … Künstliche Intelligenz?
Ob Autonomes Fahren, Sprachassistenten oder viral gehende Bilder vom Papst im Daunenmantel: „Künstliche Intelligenz“ (KI) begegnet uns mittlerweile überall. Spätestens seit OpenAI im November sein Textprogramm ChatGPT auf den Markt brachte, hat auch jeder seine eigene Meinung zu dem Thema. Mal wird der Untergang der Menschheit besungen, vor sich verselbstständigender Technik wird gewarnt. Anderen kann es mit der Entwicklung nicht schnell genug gehen, im technischen Fortschritt wird die Lösung für nahezu alles gesehen. In diesem Erklärstück soll Licht ins Dunkle gebracht werden: Was ist unter KI wirklich zu verstehen? Wie funktioniert KI? Welche realistischen Chancen, welche Risiken birgt sie? Und was sind die Konsequenzen, die die Politik daraus ziehen muss?
Was ist Künstliche Intelligenz und wie funktioniert sie?
Künstliche Intelligenz ist zunächst ein Oberbegriff für eine Technologie, die, vereinfacht gesagt, das menschliche Gehirn nachzuahmen versucht. Solche Ansätze gibt es schon sehr lange. 1950 veröffentlichte der Mathematiker Alan Turing den Aufsatz „Computing Machinery and Intelligence“. Außerdem entwickelte er seinen berühmten Turingtest, mit dem festgestellt werden können sollte, ob ein Computer ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen hat. Dies legte den theoretischen Grundstein für die KI-Entwicklung.
Moderne Techniken der Künstliche Intelligenz lernen anhand von Beispieldaten, die einen Computer eingespeist werden. Der Computer ist so programmiert, dass er die Daten selbstständig analysieren und dabei ein System entwickeln kann, um eine Aufgabe zu lösen („diskriminative KI“). Diese Art von KI wird schon seit Jahren in vielen Bereichen genutzt, beispielsweise um Krankheitsbilder von Patienten einzuordnen oder in Suchmaschinen.
In der derzeitigen öffentlichen Debatte steht aber vor allem generative Künstliche Intelligenz im Mittelpunkt. Diese kann nicht nur riesige Datenmengen auswerten und verwenden, sondern aufgrund von Vorgaben und vorhandenen Informationen ganz neue Inhalte generieren. Etwa die Texte von Large Language Models wie ChatGPT oder die Bilder von DALL-E fallen darunter.
Generative Künstliche Intelligenz basiert auf künstlichen neuronalen Netzen. Sie werden mit sehr großen Datenmengen aus unterschiedlichsten Quellen trainiert. Die Maschine lernt, wie die verwendeten Informationen zueinander in Beziehung stehen und welche Bedeutung sie haben. Im Anschluss bestimmt sie Wahrscheinlichkeiten für Zusammenhänge. Auf Grundlage dieser Wahrscheinlichkeiten kann die KI dann neue Inhalte generieren. Manche KIs werden zusätzlich mit einem neuronalen Netzwerk trainiert, das die generierten von den echten Daten unterscheiden kann. Es konkurriert mit dem generierenden Netzwerk und treibt es damit an, immer realistischeren Inhalt zu erzeugen. Wenn einem Programm wie ChatGPT am Ende des Trainings dann eine Frage gestellt wird, generiert es, vereinfacht gesagt, die wahrscheinlichste Antwort. Die KI kennt die richtige Antwort also nicht, kann aber die wahrscheinlichste Antwort ermitteln. Sie hat also nicht wirklich menschliche Züge, gaukelt sie aber der Benutzerin vor. Obwohl uns der Mechanismus der KI manchmal unheimlich menschlich erscheint, hat die KI weder Bewusstsein, noch Gefühle oder einen eigenen Willen.
Möglichkeiten und Risiken
KI kann potentiell in allen Bereichen eingesetzt werden, in denen es um mathematisierbare Prozesse geht. Damit kommen sehr viele Anwendungsfelder in Frage. KI kann zum Beispiel besser als Menschen Umweltprozesse analysieren. Mit den daraufhin von ihr errechneten Modellen ist eine gezieltere Reaktion auf Umweltphänomene möglich. Der Einsatz von KI bietet damit eine echte Chance für die Bewerkstelligung des Klimawandels. In der Medizin eröffnet KI die Möglichkeit einer verbesserten Früherkennung und passgenaueren Behandlung von Krankheiten. Denn KI kann mit sehr viel mehr Daten trainieren, als das Medizinern während ihres gesamten Lebens jemals möglich wäre. Stadtverwaltungen nutzen KI für Chatbots, die Anfragen von Bürgerinnen beantworten können. Und weil auch Sprachen einem mathematischem Muster folgen, kann (generative) KI seit Neuestem auch beim Zusammenfassen oder Erzeugen von Texten behilflich sein.
Natürlich gibt es gleichzeitig auch viele Risiken, die mit dem Einsatz von KI einhergehen. Wie bereits beschrieben, kann KI nur Wahrscheinlichkeiten ermitteln, kennt Fakten aber nicht wirklich. Deshalb kann eine KI auch fehlerhafte Informationen erzeugen. Programme wie ChatGPT können sich gleichzeitig so gut ausdrücken, dass dies nicht unweigerlich auffällt. Außerdem ist eine KI nur so gut wie die Daten, mit denen sie gearbeitet hat. Wenn die Trainingsdaten von etwa rassistischen oder sexistischen Vorurteilen, „Bias“, geprägt sind, dann wird sich das gleichermaßen in den generierten Antworten widerspiegeln. KI lässt sich außerdem zum Erzeugen unerwünschter, betrügerischer und diskriminierender Inhalte verwenden. Propaganda, Desinformationskampagnen und Schadsoftware lassen sich deshalb leider auch sehr gut durch KI realisieren.
Viele Leute treibt die Frage um, ob KI uns Menschen irgendwann ersetzen kann. Selbst manche KI-Forscherinnen und Entwickler sorgen sich. Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt sind wir von solch einem Szenario aber weit entfernt. Denn auch ChatGPT und Co. sind nicht intelligenter als die KI-Techniken, die schon seit Jahren in der Industrie eingesetzt werden. Vom großen Teil der Öffentlichkeit wurde dies bis vor Kurzem ignoriert. Aber für Sprache sind wir empfänglicher als für sonstige mathematische Formeln. Seit moderne KI-Anwendungen vermeintlich mit uns sprechen, erscheint manchen die Übernahme der Weltherrschaft durch KI nicht mehr unrealistisch. Zusätzliche Skepsis rührt aus der Tatsache, dass KI die Algorithmen, mit denen sie trainiert, selbstständig verbessern kann. Selbstbewusstsein und Selbstwahrnehmung, Eigenschaften also, die das Menschsein ausmachen, sind aber nicht programmierbar. Dafür bräuchte es physikalische, chemische und biologische Vorgänge, die derzeit aber kein Forscher einer KI zufügen kann.
Viele der heute KI zugeschriebenen Probleme betreffen nicht ihre Technologie, sondern ihre Anwendung. Gerade in grundrechtssensiblen Bereichen kann eine KI, wenn man sich allein auf sie verlässt, mitunter großen Schaden anrichten. Polizeiliche Verbrechensvorhersagen oder die Überwachung des öffentlichen Raumes sollten z.B. nicht nur einer KI überlassen werden. Besondere Vorsicht sollte etwa bei militärischen KI-Anwendungen oder Rechtsprechung durch eine KI angezeigt sein.
Die Politik hat noch viel zu tun
Fest steht: obwohl KI in so vielen Bereichen Anwendung finden und unsere Welt zum Positiven verändern kann, misstrauen aktuell sehr viele Menschen allem, was mit KI zusammenhängt. Eine Umfrage von Allensbach zeigt: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland empfindet KI als „unsympathisch“. 34 Prozent sehen sogar die Menschheit durch KI bedroht.
Die Politik hat also noch viel zu tun. Forschung muss weiter vorangetrieben werden, damit wir besser verstehen können, wie KI funktioniert. Mitunter sind selbst den Entwicklerinnen die Mechanismen nicht klar, mit denen KI arbeitet. Dies stellt einen weiteren Faktor dar, der KI bedrohlich erscheinen lässt. Außerdem muss die Öffentlichkeit aufgeklärt und informiert werden, um was es sich bei (generativer) KI handelt. Nur wer versteht, kann Veränderungen auch akzeptieren. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund notwendig, dass die großen Chancen, die mit dem verstärkten Einsatz von KI einhergehen, auch tiefgreifende Veränderungen in unserem (Arbeits-) Leben bedingen werden. Die derzeitige Situation wurde schon mit der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts verglichen. Auch damals gab es viele Skeptiker, aber die Gesellschaft hat die Transformation gut bewältigt und ist mit größerem Wohlstand aus ihr hervorgegangen. Schließlich braucht es eine kluge Gesetzgebung, die ein gutes Maß zwischen Chancennutzung und Risikovorbeugung findet. Die Technologie KI sollte nicht prinzipiell verteufelt werden. Bestimmte Anwendungen, insbesondere in grundrechtssensiblen Bereichen, müssen aber genau beobachtet, reglementiert oder gar untersagt werden. Die EU hat bereits einen ersten Entwurf für eine KI-Regulierung vorgelegt. Schließlich ist die Einhaltung gewisser Standards in der Entwicklung und die Nutzung verlässlicher Daten wünschenswert. Wir täten deshalb nicht schlecht daran, europäische KI-Forschung und -Entwicklung gezielt zu fördern.
KI wird unser aller Leben verändern – aber das tut sie schon sehr lange. Wir sollten auch die zukünftigen Schritte eher als Chance begreifen.