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Neue Währung
Der digitale Euro: Eine wichtige Ergänzung zum Bargeld

digitaler euro
© picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Die Europäische Kommission hat vergangene Woche ein erstes Gesetzesvorhaben für den digitalen Euro vorgelegt. Dieser wird derzeit von Europäischen Zentralbank erforscht und soll den Menschen Zugang zu einer digitalen Version von Bargeld verschaffen. Entscheidend für die Akzeptanz wird dabei die konkrete Ausgestaltung sein.

Ein Großteil aller Zentralbanken der Welt arbeiten an einer digitalen Entsprechung ihrer staatlichen Währung. Die Europäische Zentralbank hat 2020 mit der Erforschung eines digitalen Zentralbankgeldes für die Eurozone begonnen. Im Juli 2021 kündigte die EZB eine zweijährige Evaluationsphase an, an deren Ende die Entscheidung über die Einführung des digitalen Euros stehen sollte. Im internationalen Vergleich liegt der Euroraum damit zeitlich auf Höhe anderer wichtiger Währungsräume wie den Vereinigten Staaten oder Großbritannien, allerdings hinter der Volksrepublik China, die mit dem digitalen Renminbi bereits in der Pilotphase ist. Insgesamt sind 130 Länder, die 98 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen, in verschiedenen Entwicklungsphasen für digitales Zentralbankgeld. Lediglich eine Handvoll Staaten hat bereits die digitale Währung auf den Weg gebracht. Dazu gehören Nigeria mit dem eNaira und die Bahamas mit dem Sand Dollar. Die Europäische Kommission hat mit dem, vergangene Woche vorgelegten, Regulierungsentwürfen einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einem digitalen Euro geleistet. Zum ersten Mal wird in Brüssel konkret über einen Rechtsrahmen diskutiert, dabei schlägt die Kommission auch Leitplanken für das Design der neuen Währungsform vor.

Vorschläge der Kommission

Konkret hat die Europäische Kommission ein Regulierungspaket vorgelegt, in dem sie einerseits die Nutzung von Bargeld auch in Zukunft sicherstellen und zum anderen die Nutzung von digitalem Zentralbankgeld ermöglichen möchte. Damit flankiert sie das Vorhaben der EZB, schafft Rechtssicherheit für den digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel und legt konkrete Anforderungen vor. Der digitale Euro soll Transaktionen zwischen Privatpersonen untereinander sowie mit Geschäften ermöglichen. Im Mittelpunkt des Kommissionentwurfes steht dabei die niedrigschwellige Nutzbarkeit des digitalen Euro in der gesamten Eurozone. Dieser soll sowohl on- als auch offline genutzt werden können (Artikel 23). Es braucht also genau wie beim Bargeld keine Internetverbindung und die Privatsphäre soll ähnlich gut geschützt werden. Hier unterscheidet der Kommissionsvorschlag zwischen Online-Transaktionen, bei denen Daten wie bisher auch über den entsprechenden Zahlungsanbieter nach den geltenden Regeln verwaltet werden. Bei Offline-Transaktionen dagegen werden nur die Abbuchung des Geldes vermerkt, nicht aber für welchen Zweck, so dass die Kommission die dafür notwendigen Daten mit denen vergleicht, die beim Geld abheben, am Geldautomat anfallen. Neben der Datensparsamkeit bei Offline-Zahlungen soll auch sichergestellt werden, dass mit dem digitalen Euro flächendeckend gezahlt werden kann. Geschäfte werden, wie es beim Bargeld eigentlich auch Rechtslage ist, grundsätzlich verpflichtet, den digitalen Euro anzunehmen (Artikel 7). Die Nutzung des digitalen Euros soll für diese, genauso wie für ihre Kunden und Kundinnen, kostenlos sein. Insgesamt sieht der Kommissionsvorschlag einen digitalen Euro vor, der ähnlich wie Bargeld funktioniert. Gleichzeitig soll der zweite Teil des Paktes aber sicherstellen, dass der Euro auch weiterhin als Bargeld erhalten bleibt.

Warum braucht es den digitalen Euro?

Die Entwicklung eines digitalen Euros ist nicht unumstritten. Geschäftsbanken fürchten um ihre zentrale Stellung im Finanzsystem und es gibt auch Stimmen, die von der Notwendigkeit eines E-Euros mäßig überzeugt sind. Denn wenn dieser digitale Euro offline wie Bargeld funktioniert und online ähnlich wie private Zahlungsanbieter, warum sollte die EZB dann überhaupt eine digitale Version des Euros entwickeln? Dafür ist es zunächst wichtig zu verstehen, mit welchem Geld die Menschen es im Alltag zu tun haben. Geld auf einem Girokonto und damit das Geld, mit dem normalerweise digital gezahlt wird, ist nicht vergleichbar mit Bargeld. Die Münze oder Banknote stellt einen Anspruch gegenüber der Zentralbank dar und gilt daher als einzig ausfallsicheres Zahlungsmittel, wohingegen das Bankguthaben nur einen Anspruch gegenüber einer Geschäftsbank darstellt. Der Rückgang bei der Nutzung von Bargeld stellt Zentralbanken und Handel daher gleich vor mehrere Herausforderungen. Die Nutzung digitaler Zahlungsmodelle setzt einen Zahlungsdienstleister als Intermediär voraus, der eine zentrale Stellung einnimmt und Gebühren für die Transaktion verlangen kann. Für Händler heißt das, dass elektronische Zahlungen häufig teurer sind als mit Bargeld.

Aus Sicht der Zentralbanken ist die abnehmende Bedeutung von Bargeld aus zwei Gründen problematisch. Zum einen wird es schwieriger die Bevölkerung mit Zugang zu ausfallsicherem Zentralbankgeld zu versorgen, insbesondere dann, wenn die Infrastruktur für Bargeldzahlungen zurückgeht und der Krisenfall eintritt. Das ist ein Szenario, dass etwa die schwedische Zentralbank frühzeitig zur Erforschung von digitalem Zentralbankgeld veranlasst hat. In Schweden nutzten zwischenzeitlich nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung Bargeld und so ist fast der gesamte Zahlungsverkehr über Intermediäre erfolgt. Zum anderen birgt die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs in Kombination mit der Verbreitung digitaler Währungen etwa in Form von Kryptowerten wie Bitcoin, StableCoins wie USD Coin oder dem digitalen Zentralbankgeld anderer Staaten wie dem digitalen Renminbi (eRMB) in China auch die Gefahr eines Rückgangs der Euro-Nutzung im Euroraum. Diesen Effekt gibt es bisher vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern, in den die Währung zu instabil ist und vor allem auf den US-Dollar ausgewichen wird. In solchen Ländern könnte eine digitale Dollarisierung durch die einfachere Verfügbarkeit von digitalen Versionen zum Problem werden. Der Euro ist bereits eine der stabilsten Währungen der Welt und so würde auch seine digitale Version mit dem entsprechenden Design eine Dominanz anderer Währungen im Euroraum verhindern. Für die Konsumenten bedeutet der digitale Euro, in der Ausgestaltung der Kommission, vor allem mehr Wahlfreiheit, sie können mit dem digitalen Euro bargeldlos oder weiterhin mit Scheinen und Münzen zahlen. Selbstverständlich können sie auch weiterhin auf Zahlungsdienstleister zurückgreifen, wenn das bequemer ist. Nicht jeder möchte schließlich das eigene digitale Vermögen und Bezahlvorgänge selbst verwalten.

Ergänzung und Äquivalent zum Bargeld

Zentral für diese Wahlfreiheit ist, dass der digitale Euro nur als Ergänzung und nicht als Ersatz für Bargeld eingeführt wird. In den Befragungen und Beteiligungsverfahren von Kommission und EZB haben viele Bürgerinnen und Bürger darauf auch höchsten Wert gelegt. Sie wollen auch weiterhin mit Bargeld zahlen und mit dem neuen digitalen Euro möglichst anonym zahlen können. Diese beiden Anliegen sind mit der Offline-Verwendung und den Vorgaben für Datensparsamkeit beim Offline-Bezahlen in dem Rechtsrahmen bereits berücksichtigt. Ähnlich wichtig für die Nutzung des digitalen Euro als Äquivalent zum Bargeld dürfte auch die Frage der Programmierbarkeit sein. Digitale Währungen können theoretisch so programmiert werden, dass sie nicht für bestimmte Güter eingesetzt werden können oder auf sie Zinsen in bestimmter Höhe anfallen. Dann könnten diese Zinsen sogar negativ sein. Eine solche Programmierbarkeit stünde allerdings im Kontrast zur Bargeldähnlichkeit. Daher ist es zu begrüßen, dass die Europäische Kommission einen programmierbaren Euro ausschließt (Artikel 24) und damit im Einklang mit der Eurogruppe, also der zuständigen Gruppe der Finanzministerinnen und Finanzminister, sowie der EZB steht.

Kritischer sieht es hingegen bei der Frage einer Obergrenze für den digitalen Euro aus. Für Bargeld gibt es bisher keine einheitliche Höchstgrenze für das Bezahlen oder Abheben. In Deutschland muss bei Barzahlungen über 10.000 Euro ein Ausweis vorgelegt und bei Bargeld-Einzahlungen von über 10.000 Euro ein Herkunftsnachweis eingefordert werden. Damit soll vor allem Geldwäsche bekämpft werden. Beim digitalen Euro kommt neben der Kriminalitätsprävention noch die Frage der Finanzstabilität hinzu. Geschäftsbanken befürchten, dass der digitale Euro eine Art Bankrun auslösen könnte, weil die Bevölkerung ihr Sparguthaben abzieht und in ausfallsicherem digitalem Zentralbankgeld halten würde. Dagegen soll eine Obergrenze beim Bezahlen und Aufbewahren mit dem digitalen Euro helfen. Die EZB hat in der Vergangenheit ein Höchstbetrag von 3.000 Euro ins Spiel gebracht. Im Kommissionentwurf wird kein konkreter Betrag genannt, aber die EZB soll einen Mechanismus entwickeln, der verhindert, dass der digitale Euro als Wertaufbewahrungsmittel genutzt wird (Artikel 16). Allerdings ist zum einen umstritten, wie eine solche Obergrenze technisch eingeführt werden soll und zum anderen, ob eine strikte Grenze überhaupt notwendig ist. Denn auch weiterhin wird die Bankeninfrastruktur zum Sparen und Verwalten des Geldes genutzt werden. Hier wird viel vom Design und der technischen Architektur des digitalen Euros abhängen. Die Regulierungsentwürfe der Kommission werden zunächst zur Diskussion gestellt, das Europäische Parlament und der Rat der EU müssen noch über das Gesetzespaket verhandeln und abstimmen. Sollte ein solcher Rechtsrahmen verabschiedet werden, liegt die letztendliche Entscheidung bei der EZB. Diese will nach dem Ende der zweijährigen Erforschungsphase voraussichtlich diesen Oktober über die technische Ausgestaltung und die Einführung des digitalen Euro entscheiden.

Monetäre Souveränität: Geopolitik und der digitale Euro

Die EZB gehört beim digitalem Zentralbankgeld bisher nicht zur Spitzengruppe, sondern hinkt mit dem bisherigen Zeitplan anderen Währungsräumen eher hinterher. Aufgrund der Bedeutung des Euros als zweitwichtigste Reservewährung droht dem Euro zwar in naher Zukunft keine „digitale Dollarisierung“, also Konkurrenz oder Dominanz fremder Währungen im eigenen Währungsgebiet. Die Kommission begründet die Einführung des digitalen Euro zurecht aber auch mit monetärer Souveränität. Einerseits geht es darum sicherzustellen, dass der Euro Zahlungsmittel und vor allem Recheneinheit in der Eurozone bleibt. Andererseits geht es auch um konkrete geopolitische Ziele. Jetzt werden die Standards für das neue Währungszeitalter gesetzt und es geht darum den Brüsseler Effekt, also die Fähigkeit aufgrund der Größe des Binnenmarktes globale Entwicklungen durch Regulierung zu beeinflussen, auch hier zu nutzen. Die Volksrepublik China hat bereits große Fortschritte bei der Entwicklung des digitalen Renminbi (eRMB) gemacht und steck in der Pilotphase für dessen Einführung. Dabei soll der eRMB im Inland einen Beitrag zur digitalen Transformation, aber auch zur Überwachung der Bevölkerung leisten. International trägt die digitale Zentralbank in Kombination mit dem chinesischen Zahlungssystems CIPS zu einer größeren Unabhängigkeit vom Dollar bei und könnte Autokratien eine sanktionsfeste, alternative Finanzinfrastruktur anbieten. Der eRMB könnte zudem vermehrt in Entwicklungs- und Schwellenländern eingesetzt werden und mit seiner Ausgestaltung Standards setzen. Diese werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht dem Schutz von Bürgerrechten und Privatsphäre dienen. Auch deswegen darf Europa bei digitalen Währungen nicht den Anschluss verlieren.

Insofern bleibt zu hoffen, dass sich die EZB für einen digitalen Euro entscheidet, der möglichst Bargeld ähnlich ist und sich bei der Einführung nicht mehr allzu lange Zeit lässt. Das bietet den Menschen in der Eurozone mehr Wahlfreiheit beim Bezahlen und sichert der EU globalen Einfluss bei der Zukunft des Geldes.