US MIDTERM ELECTIONS 2022
Kein Erdrutsch – Amerika hat gewählt
Alle zwei Jahre nach dem Amtsantritt eines US-Präsidenten ist es so weit – die sogenannten Midterms (Zwischenwahlen) stehen auf dem politischen Kalender. Alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses standen zur Wahl, gleichzeitig fanden Wahlen für 35 Sitze im US-Senat statt. Außerdem geht es in zahlreichen Bundesstaaten um das Gouverneursamt und die Zusammensetzung der Landesparlamente.
In beiden Kammern des U.S. Kongress hatten die Demokraten bislang eine Mehrheit. Die Ergebnisse entsprechen ungefähr den Voraussagen vieler Meinungsforscher. Der von einer wachsenden Zahl von Analysten erwartete Erdrutschsieg der Republikaner kam jedoch nicht zustande. Die Demokraten haben mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren, die Mehrheit der Republikaner wird jedoch eher knapp sein. Die Entscheidung über die Mehrheit im US-Senat wird wahrscheinlich erst in einigen Tagen fesstehen oder auch erst in 4 Wochen fallen, wenn es eine Stichwahl in Georgia geben wird. Dies ist eine Wiederholung des Wahlabends von vor 2 Jahren, wo viele Ergebnisse und erst am Samstag nach dem Wahltag feststand und die Mehrheit im US-Senat erst nach einer Stichwahl in Georgia bestimmt wurde. Die Gründe für diesen Wahlausgang sind vielschichtig.
Schlussfolgerungen aus den Zwischenwahlen 2022
Die wirtschaftliche Situation in den USA ist neben den traditionellen Vorteilen, die die Opposition bei Zwischenwahlen genießt, der Hauptgrund für das immer noch relativ gute Abschneiden der Republikaner und die Verluste der Demokraten. Die hohe Inflation und steigende Preise ließen sich mit den klassisch wirtschaftsliberalen Standpunkten der Republikaner leichter aufgreifen und viele Amerikaner auf eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation hoffen. Den Demokraten ist es während des Wahlkampfes nicht gelungen, das Thema wirklich nachvollziehbar anzugehen. Höhere Verluste der Demokraten wurden durch das Thema Schwangerschaftsabbruch aufgefangen, das ihnen Mobilisierungspotenzial verschaffte.
Insgesamt ist bei diesen Wahlen zu beobachten, dass die parteipolitische Zugehörigkeit relativ stabil ist und viele Wählerinnen und Wähler, und jedem Fall mehr als in den letzten Wochen erwartet, ihrer Wahlentscheidung von vor zwei Jahren treugeblieben sind. Zudem ist zu vermuten, dass sich gerade sogenannte Wechselwähler von republikanischen Kandidatinnen und Kandidaten abgewandt haben, die ihnen in ihrer Rhetorik zu extrem erschienen, auch oder gerade weil sie von Trump unterstützt wurden
Veranstaltungen zu den Zwischenwahlen in den USA
Die Wahllokale bei den Zwischenwahlen in den USA haben geschlossen – jetzt entscheidet sich wer die Mehrheit im Kongress erhalten wird. Wohin steuern die USA bei den Midterms? Welche Themen dominierten die Wahl? Verfolgen Sie live die wichtigsten Einschätzungen und Informationen der Expertinnen und Experten der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Hier finden Sie eine Übersicht der Veranstaltungen zu den Zwischenwahlen 2022.
Thema Schwangerschaftsabbruch wichtiger als gedacht
Dass Momentum der Protestbewegung nach der Kassierung des Falls „Roe versus Wade“ durch den obersten Gerichtshof, der effektiv Schwangerschaftsabbrüche in den USA ermöglichte, hat den Demokraten offenbar bei Frauen in den Städten und wohlhabenden Vororten – einer sehr wichtigen Wählergruppe für die Partei – geholfen.
Einen wichtigen Erfolg stellt der Sieg der demokratischen Gouverneurskandidatin im sonst tief konservativen Kansas dar. Hier hatten sich die Wähler in einem republikanisch initiierten Referendum vor einem Jahr überraschenderweise und entgegen den Erwartungen der Initiatoren klar für das Recht auf Abtreibung ausgesprochen, was der demokratischen Gouverneurskandidatin Laura Kelly schließlich die Grundlage für ihren Sieg gab.
Durch den wahrscheinlichen Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus wird eine Umsetzung von neuen Gesetzgebungen bedeutend schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich. Gleichzeitig verschafft das Wahlergebnis auch dem Präsidenten die Möglichkeit, stärker auf überparteiliche Zusammenarbeit zu setzen.
Amerikanische Zwischenwahlen: Demokraten unter Druck?
Kurz vor den morgigen Zwischenwahlen in den USA sind die Aussichten für die Demokraten nicht sehr gut: Die niedrigen Beliebtheitswerte des amtierenden demokratischen Präsidenten Joe Biden und die großen wirtschaftlichen Sorgen der Wähler, insbesondere die Befürchtungen hinsichtlich einer anhaltend hohen Inflation, machen die Republikaner zu klaren Favoriten bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus. Sollten die Republikaner die US-Midterms gewinnen, wird dies Ex-Präsident Trump wohl als Startschuss für ein Comeback nutzen. Eine lange und spannende Wahlnacht steht bevor.
Präsidentschaftsrennen 2024
Auch wenn außenpolitische Fragen bei den Midterms eher eine untergeordnete Rolle spielen, könnte die bisherige Führungsrolle der USA bei der Unterstützung der Ukraine durch den Sieg der Republikaner ins Wanken geraten. Der nahezu unbegrenzte Geld- und Waffenfluss nach Kiew wird in Teilen der Partei deutlich kritischer gesehen als auf demokratischer Seite und man wünscht sich ein deutlich stärkeres Engagement von Seiten der Europäer.
Heute beginnt das Präsidentschaftsrennen 2024. Donald Trump wird versuchen, sich die Erfolge insbesondere bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus auf seine Fahne zu schreiben. Allerdings haben einige der von ihm massiv unterstützten Kandidaten gerade in „swing states“ verloren – das stärkt seine Position innerhalb der Republikanischen Partei nicht unbedingt. Ein möglicher Konkurrent um die republikanische Nominierung, der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, hat dagegen einen sehr überzeugenden Wahlsieg eingefahren.