Polen und USA
„Wenn wir zusammenstehen, ist keine Macht der Welt stärker“ – Polen und die USA an der Seite der Ukraine
Zwei politische Rivalen, ein starkes Signal: Im Weißen Haus trafen der polnische Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Donald Tusk gemeinsam Präsident Biden. Die Reise markiert nicht nur die enge Bindung zwischen Polen und den USA, sondern sendet auch eine klare Botschaft an Verbündete und Gegner westlicher Werte.
Starke Symbolkraft
Gewöhnlich empfängt der Präsident entweder den Regierungschef oder den Präsidenten eines anderen Landes. Dass er im Weißen Haus Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Donald Tusk gemeinsam traf, ist deshalb ein starkes Symbol. Beide sind in Polen scharfe innenpolitische Gegner. Doch mit dem gemeinsamen Besuch haben sie demonstriert, dass die enge Partnerschaft mit den USA im Bereich der Verteidigung, aber auch weit darüber hinaus, in Polen ein tragender Konsens aller politischen Kräfte ist. Dieser ist nicht nur unabhängig davon, wer gerade in Polen an der Regierung ist, sondern auch davon, wer gerade die Präsidentschaft in den USA innehat.
Beide Seiten betonten die historisch starken Beziehungen. Präsident Biden zitierte eine Äußerung, die die damalige Außenministerin Madeleine Albright zum EU-Beitritt Polens und andere mittel- und osteuropäischer Staaten vor 25 Jahren gemacht hatte: „Wenn wir zusammenstehen, ist keine Macht der Welt stärker“. Sie bezog sich damals auf die gesamte NATO. Der Jahrestag ihrer Erweiterung war einer der Anlässe des Besuches.
Mit dem Treffen in Washington haben die USA und Polen ein starkes Zeichen sowohl an die eigenen Verbündeten als auch an die Feinde westlicher Werte und des westlichen Bündnisses – Polen und die USA stehen zusammen, Polen wird in der NATO und der EU auf ein stärkeres Engagement der europäischen Partner auf dem Feld der Verteidigung drängen, seinen eigenen großen Beitrag leisten und dabei von den USA bedingungslos unterstützt.
Polen als traditionell starker Partner der USA in Europa
Die historischen Beziehungen und Verflechtungen zwischen den USA und Polen sind sehr eng und vielfältig. Schon im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpften Polen auf der Seite der um ihre Unabhängigkeit Kämpfenden. Bis heute wird in jedem Jahr der 11. Oktober als General-Pulaski-Tag gefeiert, unter anderem durch einen Umzug in New York, um an den Beitrag der Polen zum Aufbau und zur Verteidigung der USA zu erinnern. In den darauffolgenden zweieinhalb Jahrhunderten gab es mehrere Wellen einer starken Einwanderung aus Polen in die USA. Heute haben knapp 10 Millionen US-Bürgerinnen und Bürger polnische Wurzeln, die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind auf der kulturellen und der wirtschaftlichen Ebene weiterhin sehr eng. So besucht Präsident Duda im Rahmen seiner USA-Reise die nach einem polnischen geflügelten Wort größte polnische Stadt der Welt – Chicago.
Die USA betrachten Polen als zuverlässigen und zunehmend einflussreichen Partner in Europa, dem sie vertrauen können. Das gilt überparteilich und über alle Wechsel in der Präsidentschaft hinweg. Von herausragender Bedeutung ist in der heutigen Zeit die militärische Kooperation. Polen ist eines der Länder, die schon seit einiger Zeit das selbstgesetzte Ziel der NATO-Staaten erreichen, 2 Prozent des BIP für die Verteidigung aufzuwenden. Inzwischen liegen sie deutlich höher. Die USA liefern die modernsten Waffensysteme, Polen ist einer der größten Kunden der US-Rüstungsindustrie. Gleichzeitig unterstützen die USA Polen massiv dabei, die notwendigen Strukturen und Kapazitäten aufzubauen, um die Ostflanke der NATO wirkungsvoll zu verteidigen. Ministerpräsident Tusk erklärte im Anschluss an das Treffen, dass die USA Polen in einem möglichen Ernstfall gegen Aggressionen verteidigen würden. Präsident Duda forderte am Rande des Treffens die NATO-Partner auf, ihre Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen, und nicht zwei, sondern vier Prozent des BIP dafür aufzuwenden.
Skepsis und Zögerlichkeit überwinden
Auf beiden Seiten haben die Entwicklungen der letzten Zeit zu einiger Skepsis geführt, ob die starken gemeinsamen Interessen noch die politischen Entscheidungen auf allen Feldern bestimmen. Die innenpolitischen Konflikte in Polen und der Regierungswechsel nährten Zweifel in den USA, ob die Polen in der Lage sein würde, weiter so effektiv für die Verteidigung und Stärkung der westlichen Allianz einzutreten. Diese Zweifel waren angesichts der Meinungslage und des parteiübergreifenden Konsenses in Polen ohnehin übertrieben, jetzt gibt es für sie gar keine Grundlage mehr.
Auf der anderen Seite wird in Polen mit Sorge gesehen, dass die weitere finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine vom Repräsentantenhaus noch nicht beschlossen wurde und die Republikaner hier eine Politik der Verzögerung und Blockade verfolgen, sich zudem intern sehr uneinig sind. Präsident Duda traf sich mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, dem Republikaner Mike Johnson und dem Minderheitenführer, dem Demokraten Hakeem Jeffries, um noch einmal die polnische Position deutlich zu machen, dass die massive und effektive Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen den Aggressor Russland im existentiellen Interesse beider Länder und des gesamten Westens ist.
Parallel dazu übte Ministerpräsident Tusk mit einer Äußerung vor Journalisten Druck auf Speaker Johnson aus. Er erklärte, dass die Blockade durch die Republikaner für den Tod von Tausenden Ukrainern verantwortlich sei und forderte ihn auf, den Hilfspaketen für die Ukraine zuzustimmen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die beiden höchsten Repräsentanten Polens kurzfristig Einfluss auf die aktuellen Entscheidungsprozesse nehmen konnten. Fest steht jedoch, dass die enge Partnerschaft zwischen Polen und den USA auch in Zukunft ein wichtiger Grundpfeiler der westlichen Allianz sein wird.