Rechtsruck in Slowenien
Der zweifache ehemalige Ministerpräsident Janez Janša sicherte bei den slowenischen Parlamentswahlen am Sonntag seiner Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) den Platz als stärkste Kraft in der neuen Nationalversammlung. Ob ihm dies auch das Amt des Ministerpräsidenten sichert, ist noch ungewiss. Die Partei ist unter ihm auf einen rechtspopulistischen Kurs geraten. Es ist daher mit einer langwierigen und schwierigen Regierungsbildung zu rechnen.
Die Slowenische Demokratische Partei (SDS) von Ex-Premier Janez Janša ging mit 24,94 Prozent der Stimmen als Sieger aus den vorgezogenen slowenischen Parlamentswahlen am Sonntag hervor. Auf Platz zwei landete mit 12,65 Prozent der Stimmen der Bürgermeister von Kamnik und ehemaliger Komiker Marjan Šarec mit seiner gegen das Establishment gerichteten Liste Marjan Šarec (LMŠ). Den dritten Platz belegten die Sozialdemokraten mit 9,92 Prozent der Stimmen. Für die bisher regierende liberale Partei des modernen Zentrums (SMC) von Ministerpräsident Miro Cerar votierten 9,8 Prozent der Wähler. Es folgen die Linke mit 9,32%, die christliche Volkspartei Neues Slowenien (NSi) mit 7,13%, die Partei von Alenka Bratušek mit 5,12% und die linksgerichtete Rentnerpartei DeSUS unter Außenminister Karl Erjavec mit 4,91% der Stimmen. Ein Parlamentscomeback konnte auch der Politveteran Zmago Jelinčič mit seiner Slowenischen Nationalpartei (SNS) feiern. Die Nationalisten gewannen 4,19 % der Stimmen und schafften es damit über die 4-Prozent-Hürde.
Es werden mehrere Rückkehrer im 90-köpfigen Parlament sitzen, aber dank der Liste von Marjan Šarec wird es auch keinen Mangel an neuen Gesichtern geben. Außerdem haben nicht alle Parteivorsitzenden (Alenka Bratušek und Karl Erjavec) den Parlamentseinzug geschafft. Bei der achten slowenischen Parlamentswahl haben 1,7 Millionen Wahlberechtigte zwischen 25 Parteien und ihren 1.636 Kandidaten gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,97%.
Szenarien für eine Regierungsbildung
Zwar wird zunächst damit gerechnet, dass Janša als Wahlsieger vom slowenischen Präsidenten Borut Pahor das Mandat für die Regierungsbildung erhalten wird. Die Regierungsbildung wird aber schwierig, wenn all diejenigen, die Janša vor den Wahlen als Koalitionspartner ausgeschlossen haben, bei dieser Position bleiben. Obwohl SDS klarer Sieger der Parlamentswahlen ist, haben alle in der neuen Nationalversammlung vertretenen Parteien - außer der Partei Neues Slowenien (NSi) und den Nationalisten - eine Koalition mit Janša ausgeschlossen. Dies könnte bei der Regierungsbildung zu interessanten Szenarien führen:
Die sechs Parteien, die sich im Mitte-links-Spektrum befinden, könnten eine Regierung bilden. Ministerpräsident würde mit großer Wahrscheinlichkeit Marjan Šarec.
Kurz: Janez Janša ist vom Wähler gestärkt worden, er ist aber möglicherweise nicht stark genug, um wieder zurück an die Macht zu kommen. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass die der SDS nahen rechten Parteien bei der Parlamentswahl relativ schlecht abgeschnitten haben.
Zudem wurde, wie schon fast üblich in Slowenien, wieder ein Politneuling zum Hauptherausforderer der Konservativen. 2011 war es der Bürgermeister von Ljubljana, Zoran Janković, 2014 der bisherige Ministerpräsident Miro Cerar und nun der ehemalige Journalist und Komiker Marjan Šarec. Bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr zwang Šarec, der Bürgermeister von Kamnik, den amtierenden Borut Pahor in die Stichwahl.
Marjan Šarec wünschte Janša „viel Glück“ mit der Regierungsbildung, unterstrich aber zugleich das hervorragende Abschneiden seiner Mitte-links-Partei bei der Parlamentswahl. Wenn sich alle Parteien an ihre Aussagen vor der Wahl halten würden, meinte er gelassen, dann würde früher oder später seine Partei den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen.
"Man sollte lieber auf die endgültigen offiziellen Ergebnisse warten und einige überhitzte Köpfe abkühlen lassen", sagte Janša zu den Äußerungen der linken und liberalen Parteien, denen zufolge die SDS extrem nach rechts abgedriftet sei.
Janša glaubt weiter an Regierungsbildung
Durch seine Wahlkampagne hat der 59-Jährige Janša seinen Stimmenanteil zwar erhöhen können, doch sein Koalitionspotential wurde erheblich gesenkt. Die Parteien der Mitte verwerfen ihm Radikalismus, Autoritarismus und eine einwanderungsfeindliche Rhetorik vor. In der Tat hatte sich Janša im Wahlkampf immer mehr den Positionen des ungarischen Ministerpräsidenten, seinem Freund Viktor Orbán, angenähert.
Janšas wachsende Popularität im traditionell eher linksliberal regierten Land wird als Ausdruck einer breiteren Unterstützung für Rechtspopulismus in Mittel- und Osteuropa gesehen, der seinen gegenwärtigen Aufwind der anhaltenden Migrationskrise in Europa verdankt.
Diese erwähnte Janša als zentrale europäische Herausforderung und fügte an, dass sich seine Partei zwar für "Solidarität" mit Flüchtlingen einsetze, aber den "Wahnsinn", der Europa wegen unkontrollierter Migration drohe, nicht unterstützen würde. Den armen und gefährdeten Ländern in Asien und Afrika solle man helfen, ihre Probleme zu lösen, und so verhindern, dass ihre Bevölkerung nach Europa abwandere.
Janša sieht sich selbst als unbestrittenen Wahlsieger, weil er doppelt so viele Stimmen erhielt wie die Liste von Marjan Šarec (LMS). Er räumte jedoch ein, dass wegen der Fragmentierung der Parteienlandschaft und des spezifischen slowenischen Wahlsystems auch eine linksgeführte Regierung möglich sei. Da so eine Regierung jedoch nicht stabil sei, müsse das Wahlsystem entsprechend geändert werden, folgerte Janša.
Wie geht es weiter?
Auf die neue slowenische Regierung wartet noch viel Arbeit. Obwohl die Mitte-links-Regierung von Miro Cerar es geschafft hat, die Arbeitslosigkeit im Land zu senken und die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren, werfen die slowenischen Wähler Cerar und seinen Koalitionspartnern, Dejan Židan von den Sozialdemokraten und Karl Erjavec von der Rentnerpartei DeSUS, ein mangelndes Lohn- und Rentenwachstum sowie das Scheitern vieler versprochener Reformen vor.
Zu den größten Herausforderungen für die neue slowenische Regierung zählen die Privatisierung der größten Bank im Lande, Nova Ljubljanska Banka (NLB), sowie die Reform des Gesundheits- und Rentensystems. Auf der Liste der Probleme befinden sich auch die kriselnden Beziehungen zum südlichen Nachbarn Kroatien. Die beiden Länder befinden sich unter anderem wegen des umstrittenen Verlaufes ihrer Seegrenze in der Bucht von Piran auf einem unerbittlichen Konfrontationskurs. Wer immer am Ende im Lande regieren wird: Es gibt viel zu tun.
Toni Skorić ist Project Manager für Mitteleuropa und die baltischen Länder im Stiftungsbüro in Prag.