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Gedenkveranstaltung
„In dubio pro libertate – im Zweifel für die Freiheit.“

Gedenkveranstaltung zum 100. Geburtstag von Werner Maihofer in Bielefeld

Er war einer der Väter der Freiburger Thesen - und er Schöpfer der berühmten Formel "Im Zweifel für die Freiheit". Wie ein guter Geist prägten Person, Denken und Politikstil des freidemokratischen Bundesinnenministers Werner Maihofer eine Veranstaltung zum Gedenken seines 100. Geburtstags.

Das Porträt von Werner Maihofer dominierte den großen Sitzungssaal des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) an der Universität Bielefeld. Wie ein guter Geist prägten Person, Denken und Politikstil des freidemokratischen Bundesinnenministers eine Veranstaltung zum (nachträglichen) Gedenken seines 100. Geburtstags (20. Oktober 2018), an der Weggefährten aus Politik und Wissenschaft, Nachkommen aus der Familie sowie rund fünfzig Besucher teilnahmen.

Gerade die Mischung der verschiedenen Zugänge zu Persönlichkeit und Werk machten den besonderen Reiz dieser Tagung aus, die der Forenleiter des Landesbüros NRW Jonas Eickhoff und das Archiv des Liberalismus organisiert hatten.
 

Begegnungen mit Maihofer: Persönlich und politisch

In Kurzvorträgen erinnerten der Strafrechtler Albin Eser und der frühere FDP-Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Joachim Schultz-Tornau, an ihre Begegnungen mit Maihofer. Der Münchener Zeithistoriker Hans Günter Hockerts ging anschließend auf die Nachkriegskarriere des Juraprofessors und seinen Wechsel in die Politik 1970 ein.

Walter Scheel, der nur ein Jahr jüngere FDP-Vorsitzende hatte den damaligen Rektor der Universität des Saarlandes 1969 in die FDP gelockt. Kein Jahr später leitete Maihofer die Arbeit der Programmkommission für die 1971 verabschiedeten Freiburger Thesen. 1972 wurde Maihofer Minister für besondere Aufgaben im Kabinett Brandt/Scheel und zwei Jahre darauf Bundesinnenminister in der Regierung Schmidt. Sein damaliger Staatssekretär Gerhart Baum, der ihm nach dem Rücktritt 1978 im Amt nachfolgte, saß in Bielefeld auf dem Podium. Einen Kontrast zu Hockerts Ausführungen bildeten die ergreifenden Erinnerungsworte der Maihofer-Enkelin Caroline Schmidt. Ihr Großvater sei ein Familienmensch gewesen, der sich trotz aller beruflichen Belastung stets Zeit für die Kinder genommen habe.

Aber nicht nur über den Politiker und Privatmann Maihofer, dessen Sport- und Musikbegeisterung nur am Rande zur Sprache kam, wurde debattiert. Vielmehr stand der Nachmittag im Zeichen des Rechtsphilosophen und Strafrechtswissenschaftlers. So diskutierten sieben juristische Kollegen in zwei Panels über die Rezeption der Existenzphilosophie Martin Heideggers ebenso wie über den Strafrechtstheoretiker und Rechtspolitiker.

Maihofer sei ein „leidenschaftlicher Stoiker“ gewesen, lautete die provokante These von Martin Hochhuth, und er habe, so der frühere Bielefelder Mitarbeiter Stephan Barton, ein „Gespür für politisch nicht korrekte Themen“ gehabt. Schließlich beteiligte sich Maihofer führend an dem Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, der Mitte der 1960er Jahre für viel Gesprächsstoff sorgte. In Anspielung auf den Segelfreund Maihofer meinte Barton, dass er „sich nicht nur Wind gewünscht, sondern auch Wind gemacht“ habe.

Herausforderungen des RAF-Terrorismus

Am Abend folgten einem Grußwort des Generalsekretärs der FDP-NRW Johannes Vogel die Erinnerungen der ehemaligen Bundesminister und Staatssekretäre Maihofers Gerhart Baum und Jürgen Schmude, die auch auf die Reaktion „ihres“ Ministers auf die Herausforderungen des RAF-Terrorismus eingingen. An der abendlichen Podiumsdiskussion nahmen die frühere Bundesjustizministerin und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie Gerhart Baum teil. Ergänzt wurde das Podium von den beiden Bundesverfassungsrichtern Andreas Paulus und seiner ehemaligen Kollegin Gertrude Lübbe-Wolff.

Die Moderatoren aus den Fächern Geschichte (Gisela Diewald-Kerkmann), Rechtswissenschaft (Christoph Gusy) und Politik (Hans-Jürgen Lange) verbanden geschickt die historische Leistung Maihofers mit der Debatte über aktuelle Herausforderungen in Politik und Recht. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger machte die schwierige Abwägung zwischen den Prinzipien von Freiheit und Sicherheit deutlich – ein Problem, das Werner Maihofer zeitlebens beschäftigte. Und Andreas Paulus stellte – ganz im Sinne Maihofers – fest, dass der Ausgangspunkt immer das Grundrecht der Freiheit und nicht das Recht auf Sicherheit bleiben müsse. Es gebe keine absolute Risikofreiheit.

Werner Maihofers aktuelle Bedeutung bestimmte nicht nur die Abenddiskussion, sondern den ganzen Tag. Das schwierige Verhältnis von Freiheit und Sicherheit stellte sich damals durch den RAF-Terrorismus und heute durch islamistische Extremisten. Und schließlich bilden auch die von Maihofer maßgeblich entworfenen Freiburger Thesen, so zeitgebunden sie in einigen Punkten auch sind, mit ihrem Sozial- und Umweltprogramm einen Teil der liberalen DNA und bleiben damit Auftrag und Verpflichtung, was nicht zuletzt Johannes Vogel betonte. Unter den Tagungsteilnehmern herrschte am Ende kein Zweifel: Wäre Werner Maihofer mit dabei gewesen, dann hätte ihm die anregende Veranstaltung mit ihren historischen Einsichten und aktuellen Bezügen ganz sicher ausgezeichnet gefallen.

Für Medienanfragen kontaktieren Sie unseren Experten der Stiftung für die Freiheit:

Archivleiter Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Experte für die Geschichte des Liberalismus, Wissenschaftsgeschichte und Verfassungsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
Telefon: +49 2261/3002-421