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Technologieoffenheit
Ein Impuls zur richtigen Zeit

Das Impulspapier des BMBF schlägt Anpassungen am deutschen Embryonenschutzgesetz vor.

Das Impulspapier des BMBF schlägt Anpassungen am deutschen Embryonenschutzgesetz vor.

© picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa | Bernd Wüstneck

Während in der parlamentarischen Sommerpause bisweilen politische Nebensächlichkeiten in den Vordergrund gespielt werden, wurde Anfang August vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Impulspapier an führende Forschungseinrichtungen in Deutschland verschickt, welches Aufmerksamkeit verdient. Gegenstand des Impulspapiers sind der Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland sowie die vorherrschenden Rahmenbedingungen. Das Fazit lautet: Um den Standort zu stärken, braucht es Reformen.

Deutschland und Europa, so konstatiert das BMBF, könnten vor allem durch Innovationskraft ihre Position im globalen Wettbewerb behaupten. Forschungseinrichtungen, das Wissenschafts- und Hochschulsystem Deutschlands würden international einen guten Ruf genießen. Allen voran die Unternehmen seien im Bereich der technologischen Innovationen stark. Allerdings gebe es durchaus auch Hemmnisse, die die Innovationskräfte nicht zur freien Entfaltung kommen lassen. Diese seien vor allem in den geschaffenen Rahmenbedingungen zu sehen. Um Innovationen zu beschleunigen, schlägt das BMBF eine Offensive für Technologieoffenheit vor.

Neue Impulse für deutsche Wirtschaft

Technologieoffenheit würde gerade jetzt gebraucht werden, da sie zu einem Produktivitätswachstum führen, dass wiederum die lahmende deutsche Wirtschaft neue Impulse verleiht. Technologieoffenheit sei auch ein Garant für die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit. Nur dort, wo frei geforscht werde, können neue Lösungen gefunden werden. Innovationen und Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft würden wiederum neuerliche Investitionen von Firmen begünstigen. 2/3 der geleisteten Investitionen in den Forschungsbereich kämen ohnehin schon aus den Unternehmen. Geopolitisch würde eine Stärkung der Innovationskraft auch die Abhängigkeiten Deutschlands und Europas auf vielen Ebenen reduzieren – nicht nur im Energiesektor.

Neben diesem Plädoyer für eine möglichst große Technologieoffenheit liefert das Impulspapier auch konkrete Diskussionspunkte, um eine Debatte innerhalb der Wissenschaftsgemeinde anzuregen. Diese betreffen u.a. den rechtlich-administrativen Bereich. Etwa durch die Verankerung des Innovationsprinzips in der Gesetzgebung, Entschlackung des Vergaberechts und der Schaffung eines Reallabore-Gesetzes, damit innovative Technologien schneller unter realen Bedingungen erprobt werden können.

Modernisierung und ethische Debatten

Modernisierungsimpulse erhofft sich das BMBF auch von Innovationen bei der Abscheidung und Speicherung von CO2, der Förderung von KI sowie beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren, wenn es um ein „überragendes öffentliches Interesse“ geht – etwa bei dem Umbau der Energieinfrastruktur. Letztere soll auch durch ein Fusionsgesetz beflügelt werden, in dem das BMBF viel Potenzial sieht.

In der Tat wird die Energieversorgung für eine Industrienation immer eine Grundbedingung für eine funktionierende Wirtschaft sein. Insofern ist die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zukunftsträchtige Technologie sehr zu begrüßen.

Während diese Impulse sehr wahrscheinlich auch im öffentlichen Diskurs auf viel Zustimmung stoßen werden, dürfte sich die Debatte bei einem anderen Punkt kontroverser gestalten: Die Forschung mit frühen humanen Embryonen und der Forschung an embryonalen Stammzellen ist in der Vergangenheit stark diskutiert worden. Neben den wissenschaftlichen Fragen sind es besonders hier auch die ethischen Aspekte, die mit gebührendem Tiefgang abgewogen werden müssen. Allerdings hat sich der Anfang der 1990-Jahre gesetzte Rahmen (hier das Embryonenschutzgesetz), vor allem mit Blick auf die internationale Forschung, deutlich verschoben. Eine Debatte darüber, wie das Embryonenschutzgesetz grundlegend novelliert werden kann, natürlich unter besonderer Berücksichtigung der ethischen Aspekte, ist notwendig!

Mit Blick auf die EU sind es die u.a. Aspekte der Landwirtschaft (Züchtungstechniken für Nutzpflanzen), der agileren Gesetzgebung zur Entwicklung und zum Einsatz von KI oder des Einsatzes synthetischer Kraftstoffe (Verbrennungsmotortechnologie), die als Impulspunkte vom BMBF aufgeführt werden. Um der überbordenden Bürokratie aus Brüssel etwas entgegenzusetzen, regt das BMBF ein „One in, two out“-Prinzip für die EU an. Jede neue Regelung würde die Streichung von zwei bestehenden Regelungen zur Folge haben.

Es bleibt abzuwarten, wie die Fülle dieser Diskussionspunkte von der Wissenschaft aufgenommen wird und vor allem, welche Dynamik sich daraus im politischen Diskurs ergibt. Eines hat das Impulspapier aber deutlich gezeigt: Das BMBF adressiert die richtigen Themen zur richtigen Zeit.