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Mutiert Donald Trump zu Ronald Reagan?

Der neue US-Haushalt erinnert an die frühen achtziger Jahre
Rückkehr zur "Reaganomics"?

Rückkehr zur "Reaganomics"?

© Public Domain U.S. federal government

Donald Trump bringt mit seiner Unberechenbarkeit die Beobachter zur Verzweiflung - in Amerika und anderswo. Bei einem Besuch in Washington D.C. hat unser stellv. Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Paqué versucht, sich einen Reim darauf zu machen. In mehreren Beiträgen wird er darüber berichten. Er beginnt mit der Haushaltspolitik.

Es ist eine Sensation. In der letzten Woche ist in den USA ein Haushalt beschlossen worden, der das Prädikat "historisch" verdient. Immerhin ist es fast 40 Jahre her, dass eine amerikanische Regierung es gewagt hat, die Steuern drastisch zu senken und gleichzeitig die Ausgaben drastisch zu erhöhen. Ein wilder Ritt. "Let's give deficit spending a chance" sagen schmunzelnd selbst politische Insider in Washington, die man eigentlich als fiskalisch Konservative kennt.

Es war seinerzeit Präsident Ronald Reagan, ein begeisterter Reiter, der so etwas tat, kurz nach seiner Wahl in den frühen achtziger Jahren. Seine Weichenstellung hatte gewaltige Wirkungen: drastische Zinserhöhungen; eine kräftige Aufwertung des US-Dollars, die ein halbes Jahrzehnt anhielt; und riesige Defizite in Haushalt und Leistungsbilanz - dafür wurde sogar ein eigener Begriff populär, das "twin deficit". Die "Reaganomics", wie diese politische Mixtur später genannt wurde, zog Amerika kraftvoll aus Rezession und Stagnation, aber viele andere Länder ebendort hinein, weil die hohen Zinsen weltweit für Schuldenkrisen sorgten und in Europa die Binnenmärkte belasteten. In den USA dagegen litt die Exportwirtschaft, was den amerikanischen Ruf nach Protektionismus verstärkte. "Japan-Bashing" kam in Mode, denn der aufsteigende High Tech-Star auf den Weltmärkten war noch nicht das Reich der Mitte, sondern eben Japan, der frisch industrialisierte Inselstaat im Pazifik.

Nun macht es Trump genauso wie damals Reagan. Die Ähnlichkeiten springen ins Auge. Ältere (wie der Autor) haben ein Déjà-vu-Erlebnis. Wieder sind es Steuersenkungen und eine gewaltige Erhöhung des Verteidigungsetats, die das Defizit in schwindelnde Höhen treiben. Und wieder interessiert die amerikanische Regierung die Wirkung auf den Rest der Welt herzlich wenig. Bei Reagan hieß diese Haltung noch diplomatisch "benign neglect", heute nennt sie sich trotzig "America First".

Wie damals hat es keinerlei Sinn, über diese Politik zu lamentieren. Sie ist von nun an über Jahre Realität. Nichts spricht dafür, dass sie noch korrigiert wird. Es geht um ein gewaltiges Experiment: typisch amerikanisch, mutig und verwegen, mit großen Risiken, aber auch Chancen. Die Risiken sind langfristig und liegen auf der Hand: Die Schuldenbelastung der USA wird drastisch zunehmen, die Finanzmärkte belasten und irgendwann dann auch über Zinssteigerungen private Investitionen verdrängen, wenn sich die amerikanische Wirtschaft einem überhitzten Zustand der übervollen Kapazitätsauslastung nähert.

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Genau hier beginnen allerdings auch die offenen Fragen: Niemand weiß nämlich wirklich, wann genau die Vollbeschäftigung erreicht ist und ein kräftiges Wachstum in inflationäre Tendenzen umschlägt. Vielleicht ist heute das Potenzial der Wirtschaft zur Expansion ohne scharfe Preis- und Lohnsteigerungen größer als zu Zeiten Reagans: wegen der Dominanz von Dienstleistungen im Vergleich zur Industriefertigung; wegen jener neuen Technologien, die das Produktionspotenzial eher von elastischen Netzwerken als von starren Maschinenparks abhängig machen; wegen der Möglichkeit, viele Erwerbspersonen zu motivieren, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren oder von wenig geliebten Billiglohnjobs in produktivere Tätigkeiten zu wechseln. Experten rätseln darüber, niemand hat eine klare Antwort.

Es könnte also sehr wohl sein, dass die Politik Trumps die Auguren doch noch positiv überraschen wird. Jedenfalls setzt sie viele ideenlose Regierungen unter Druck, allen voran die deutsche: Die Senkung von Einkommen- und Unternehmenssteuern in den USA verschärft den Standortwettbewerb um Investitionen, egal welche Effekte das entstehende "twin deficit" auf die Finanzmärkte hat. Es verwundert da schon, mit welcher missmutigen Gelassenheit bei der Regierungsbildung in Deutschland auf eine substanzielle Steuerentlastung verzichtet wird - trotz viel komfortablerer Haushaltslage als in den USA und trotz möglicher protektionistischer Drohungen aus Amerika, die im Falle einer zinsbedingten Dollaraufwertung noch lauter werden könnten, wie seinerzeit in den achtziger Jahren.

Wieder einmal könnte es sein, dass Deutschland zu lange braucht, um die richtigen Schlüsse aus der neuen brisanten Konstellation zu ziehen. Wie damals bei der Reaganomics, so heute bei der Trumponomics.