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USA
Was bedeutet die US-Wahl für das transatlantische Verhältnis?

Martin Biesel, Regionalbüroleiter Nordamerika, im Gespräch bei n-tv am 5. November 2024
Trump 5. November

Donald Trump am Wahlabend des 5. November 2024

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

n-tv: Trump oder Harris, einer von beiden wird das Rennen machen und dann auch maßgeblich die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland prägen und darüber reden wir jetzt mit Martin Biesel. Er ist ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt und uns aus Washington zugeschaltet. Guten Tag, Herr Biesel, ich grüße Sie.

Martin Biesel:  

Guten Tag, Herr Böker.

n-tv: Herr Biesel, ist die Bundesregierung auf egal welchen Wahlausgang vorbereitet?

Martin Biesel:

Es gab genug Zeit, sich auf Donald Trump einzustellen. Schließlich ist er im Grunde schon fast zehn Jahre unterwegs. Dagegen ist Kamala Harris jetzt mal gerade 14 Wochen Präsidentschaftskandidatin. Aber es gibt Punkte, auf die sich die Bundesregierung vorbereiten muss. Und bei beiden Kandidaten wird es insbesondere in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik weitere Anforderungen an Deutschland geben, was die Übernahme von Lasten zum Beispiel mit Blick auf den Ukraine-Krieg gefordert wird.

n-tv: Kamala Harris hat man ja noch gar nicht so lange auf dem Schirm, Donald Trump umso länger. Wir dürfen aber beim Punkt Vorbereitung auf den einen oder anderen natürlich auch nicht vergessen: Seit Trump Präsident war, hat sich die Welt mächtig weitergedreht. Rechnen Sie damit, dass wir einen ähnlichen Präsidenten Trump erleben würden, wie den bis vor vier Jahren?

Martin Biesel:

Ich glaube, die zweite Präsidentschaft, wenn sie denn käme, würde nicht unbedingt der ersten gleichen, aber sein Charakter wird sich nicht mehr ändern. Dazu gehört auch, dass er unberechenbar ist, dass er einseitig in der Außen- und Sicherheitspolitik agiert. Das hat er schon in der letzten Amtszeit gezeigt, als er beispielsweise gegen den Rat seines Verteidigungsministers die Truppen aus Syrien zurückgezogen hat und dann ist der Verteidigungsminister zurückgetreten. Ich glaube, diese Struktur eines schwierigen Partners, die werden wir auch in einer zweiten Amtszeit erleben.

n-tv: Sie sprechen den schwierigen Partner an. Sie sind so nah dran am Geschehen. Nehmen Sie uns einmal mit, wie bekommt man das Verhältnis zu einem schwierigen Partner hin, der aber so unglaublich wichtig ist?

Martin Biesel:

Ich glaube, wenn es eine Amtszeit Donald Trumps geben wird, dann müssen wir insbesondere uns auf eine Interessenpolitik uns konzentrieren. Die Betonung gemeinsamer Werte der transatlantischen Beziehungen wird dann nicht mehr reichen. Als Beispiel nehme ich l die Forderung aus den USA, die von beiden Administrationen kommen würde, für eine gemeinsame China-Strategie.

Gleichzeitig möchte Trump Zölle gegenüber Europa erheben. Da muss man ganz klar widersprechen und sagen: Das ist nicht im Interesse einer gemeinsamen China-Strategie, wenn ihr uns als Verbündete angreift. Ich glaube, Donald Trump ist erreichbar, wenn man die nationalen Adressen seines Landes adressiert.

n-tv: Sie sagen, er ist erreichbar. Greift man da eigentlich - Sie müssen mich da nochmal praktisch mitnehmen, weil ich will es mir einfach vorstellen - greift man da zum Telefon und spricht mit ihm oder seinem politischen Lager oder wie ebnet man da eigentlich den politischen Weg?

Martin Biesel:

Naja, also die Staatschefs greifen schon, aber sehr vorbereitet zum Telefon und das wird natürlich von Mitarbeitern auf beiden Seiten vorbereitet. Und gleichzeitig muss man sozusagen in einem Prozess innerhalb der Regierung klarmachen, welche Punkte man vertreten will, damit man zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt. Und wir wissen ja auch von früheren Auftritten von Trump, beispielsweise bei einem NATO-Gipfel, wo das Kommuniqué auf dem Gipfel unterschrieben wurde, aber dann auf dem Rückweg aus dem Flugzeug dann doch wieder Zweifel angemeldet wurden. Also es wird sicherlich nicht einfach mit diesem unberechenbaren Charakter.