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"Bargeld ist auch im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung weiterhin stark gefragt"

Bernhard Sibold, Präsident der Hauptverwaltung der Bundesbank in Baden-Württemberg, über Bargeld, Bitcoin und die Zukunft unseres Geldes
Bernhard Sibold, Präsident der Hauptverwaltung der Bundesbank in Baden-Württemberg

Bernhard Sibold, Präsident der Hauptverwaltung der Bundesbank in Baden-Württemberg, sprach in Mannheim über die Zukunft des Geldes

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

„Geld regiert die Welt.“ Auch wenn in dieser Redewendung eine Kapitalismuskritik zum Ausdruck kommt, so trifft es doch zu, dass Geld als Tausch- und Zahlungsmittel unseren Alltag ganz wesentlich bestimmt. Damit diese Funktionen sicher sind, garantieren Staaten dies durch ihre Währungen. Doch neben den ca. 160 gesetzlichen Zahlungsmitteln wurden von privaten Anbietern in den letzten Jahren zahlreiche Kryptowährungen wie der Bitcoin entwickelt, die als digitales Zahlungsmittel frei gehandelt werden. Parallel zu diesen Entwicklungen auf dem Geldmarkt ist eine breite Debatte um die Einführung von Bargeld-Obergrenzen entstanden, um Geldwäsche, Waffen- und Drogenhandel und die Finanzierung terroristischer Gruppen zu bekämpfen.

Wie es weitergeht mit Bargeld, Bitcoin und anderen Zahlungsweisen, war Thema einer Veranstaltung der Reinhold-Maier-Stiftung in Mannheim, bei der Bernhard Sibold, Präsident der Hauptverwaltung der Bundesbank in Baden-Württemberg, referierte und mit dem Publikum diskutierte. Im Rahmen der Veranstaltung stand er uns für ein Interview zur Zukunft des Geldes zur Verfügung.

Kryptowährungen haben für große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt – nicht zuletzt durch die enorme Wertentwicklung des Bitcoin. Worauf lässt sich der Erfolg virtueller Währungen zurückführen und wo sehen Sie Risiken, aber auch deren Chancen?

Die Idee hinter sogenannten Kryptowährungen ist, ein digitales Zahlungsinstrument zu schaffen, das unabhängig von Regierungen und Zentralbanken ist, das ohne Banken auskommt und das, wie Bargeld, direkte anonyme Zahlungen ermöglicht. Um aber als „Geld“ im ökonomischen Sinne betrachtet zu werden, müssten Kryptowährungen die wesentlichen Funktionen von Geld erfüllen: Zahlungsinstrument, Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit. Das ist derzeit aber nur sehr eingeschränkt der Fall. So gibt es nur vergleichsweise wenige Akzeptanzstellen für die wohl bekannteste Kryptowährung, den Bitcoin. Zudem ist das mit Bitcoin abgewickelte Zahlungsvolumen mit derzeit weltweit ca. 350.000 Transaktionen täglich sehr gering. Dem gegenüber stehen allein in Deutschland täglich rund 70 Mio. Transaktionen im unbaren Zahlungsverkehr. Außerdem eignet sich der Bitcoin aufgrund seiner starken Wertschwankungen nicht als Wertaufbewahrungsmittel. Man sollte auch nicht von Krypto-„Währungen“, sondern eher von Krypto-„Token“ (Wertmarke, Einheit) sprechen. Am Beispiel des Bitcoin ist unschwer zu erkennen, dass es sich hier um ein Spekulationsobjekt handelt, mit allen damit verbundenen Risiken.
Chancen sind in der zugrundeliegenden Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zu sehen, die neue Potenziale im Hinblick auf Sicherheit und Effizienz in vielen Geschäftsprozessen, z. B. bei der Wertpapierabwicklung eröffnen könnte.

Durch den technischen Fortschritt kommt auch die Möglichkeit einer Abschaffung des Bargeldverkehrs auf. Ist Bargeld heute noch zeitgemäß und wenn ja, wie wird es sich im Wettbewerb mit anderen Zahlungsmitteln durchsetzen können?

Die aktuelle Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland hat gezeigt, dass Bargeld auch im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung weiterhin stark gefragt ist. Über 70 % der Transaktionen an der Ladenkasse werden nach wie vor mit Bargeld abgewickelt. Anonymität, Selbstbestimmung des Zahlungsverhaltens und leichte Handhabung sprechen aus Sicht vieler Nutzerinnen und Nutzer klar für Bargeld.
Innovationen im Zahlungsverkehr in Form kontaktloser Zahlungen mit Karte oder Smartphone könnten aber bei kleineren Beträgen den Anteil des Bargelds weiter verringern. Letztlich hängt die Zukunft des Bargeldes aber von den Präferenzen der Zahlerinnen und Zahler ab. Die Bundesbank wird sich jedenfalls auch künftig dafür einsetzen, dass den Bürgerinnen und Bürgern ein Mix an sicheren und effizienten Zahlungsinstrumenten zur Verfügung steht. Und für mich ist Bargeld Bestandteil dieses Zahlungsmittelmixes und wird es auch in der digitalisierten Welt bleiben.

Mobiles oder auch kontaktloses Bezahlen haben in den letzten Jahren massiv zugenommen. Welche Veränderungen im Verhalten haben diese Bezahlformen mit sich gebracht? Welchen Anteil an der Entwicklung haben Sicherheitsbedenken?

Die Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten hat auch kontaktlose Kartenzahlungen und Zahlungen mit dem Smartphone untersucht. Danach weisen kontaktlose Kartenzahlungen hohe Zuwächse auf. Der Anteil am Umsatz an den Kassen ist aber gerade erst auf über 1 % gestiegen. Für eine weitere Verbreitung bedarf es der konsequenten Ausgabe von Giro-Karten mit der Kontaktlos-Funktion durch alle Kreditinstitute und einer breiten Akzeptanz im Handel.
Für das Bezahlen mit dem Handy ist derzeit vor allem der Einkauf im Internet, gefolgt von Mobilitätsdiensten wie etwa dem Ticketkauf für Bus und Bahn interessant. Und obwohl Funktionen zum Verschicken oder Empfangen von Geld erst 2017 in die Apps verschiedener Kreditinstitute integriert wurden, äußerten schon 5 % der Befragten, dass sie diese bereits kennen und nutzen.
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher äußern allerdings weiterhin keinen Bedarf an mobilen Bezahllösungen, zumal die Verfahren als zu unsicher wahrgenommen werden. Anderen sind diese neuen Bezahlvarianten zu kompliziert oder sie verfügen nicht über die technischen Voraussetzungen.