Rechtsradikalismus
Der richtige Umgang mit rechtsradikalen Parolen
Rechte Hetze und rechtsradikale Chiffren erkennen
Die erste Frage, die man klären muss: Woran erkennt man eigentlich rechtsradikale Parolen? In manchen Fällen ist das einfach. Sätze wie „Die Vergasung der Juden war schon richtig“, „Alle Ausländer sind Verbrecher“ oder die Nutzung offen nationalsozialistischen Vokabulars sind eindeutige Hinweise auf die Gesinnung des Gesprächspartners. Nur: So einfach machen es einem die Köpfe und Anhänger von AfD, Pegida und Co. selten. Vielmehr versuchen sie es oft mit Aussagen, die zunächst gar nicht allzu problematisch wirken und bis weit in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sind. Erst auf den zweiten Blick wird dann die Gesinnung offenbar. Indikatoren zur Enttarnung rechtsradikaler Argumentationsmuster sind beispielsweise:
- Die Anwendung des Freund-Feind-Schemas („Wir Deutsche gegen die Ausländer“ oder auch „Wir hier unten gegen die da oben“) – und damit die Entindividualisierung ganzer Gruppen.
- Die Nutzung von Verallgemeinerungen („Alle Muslime sind Terroristen“).
- Die Entmenschlichung, etwa indem von politisch Andersdenkenden als „Wucherung am deutschen Volkskörper“ gesprochen wird, wie es der sachsen-anhaltinische AfD-Chef Poggenburg getan hat; allgemein also Menschen mit Naturkatastrophen, Tieren oder Krankheiten verglichen werden.
- Das Verbreiten von offensichtlichen Lügen über demokratische Politiker und Minderheiten, insbesondere aus eindeutig rechtsradikalen Quellen.
- Das Heraufbeschwören eines Untergangs der westlichen Zivilisation durch die Unterwerfung unter eine vermeintliche Islamisierung. • Die Herabwürdigung Andersdenkender durch Etikettierung als „Gutmensch“, „linksextrem“ oder pauschal „psychisch gestört“.
- Die besondere Betonung negativer Eigenschaften von Minderheiten (etwa Antisemitismus, Sexismus), die ebenso Teil des eigenen, rechtsradikalen Weltbildes sind.
Allgemein gilt: Man sollte nicht hysterisch hinter jedem „dummen Spruch“ eine rechtsradikale Einstellung vermuten. Bei einer Häufung solcher Positionen darf man von einer entsprechenden Überzeugung allerdings ausgehen – auch wenn die Gesprächspartner das noch so heftig bestreiten („Bin ich jetzt ein Nazi, nur weil ich die Wahrheit sage?“).
Warum gerade Liberale gefragt sind
Die zweite wichtige Frage aus liberaler Sicht: Was geht uns das eigentlich an? Die Antwort ist in diesem Fall recht einfach. Denn auch wenn der Kampf gegen rechtsradikales Gedankengut natürlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist: Liberale sind besonders gefordert, weil sie besonders betroffen sind. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, hat schon 2016 festgestellt: „Das Land, das die AfD anstrebt, ist ganz klar nicht das liberale Deutschland von heute.“ Diese Aussage wird von zahllosen Publikationen aus dem rechten Spektrum bestätigt, die belegen, dass nicht etwa die Linken für AfD, Pegida und Co. der Hauptfeind sind, sondern explizit die Liberalen und die von ihnen so heiß geliebte Freiheit.
Viele rechte Vordenker haben das formuliert, AfD-Lautsprecher Alexander Gauland brachte die Kampfansage aber schon vor Jahren in seinem Buch „Anleitung zum Konservativsein“ klar auf den Punkt: „Wir werden es künftig mit zwei kulturellen Milieus zu tun haben, einem liberal individualistischen, das sich für Zuwanderung, die Anerkennung von homosexuellen Lebensgemeinschaften und jede Art von Selbstverwirklichung stark macht, und einem wertkonservativen, das auf einer verbindlichen Identität aus moralischen Prinzipien und abendländischen Traditionen besteht und wirtschaftlichen Notwendigkeiten wie wissenschaftlichen Erfolgen eher skeptisch gegenübersteht, also nicht mehr das bürgerliche Lager gegen die Sozialdemokratie, sondern Konservative versus Liberale in allen Parteien.“ Der Feind für die Rechtsradikalen sind wir.
Dazu passt, dass im öffentlichen Diskurs Radikalisierungsprozesse zunehmend in Verbindung mit Individualisierungs- und Desintegrationsprozessen gebracht werden. Anders gesagt: Der Liberalismus soll der eigentliche Schuldige für die Entwicklung sein. Menschen, die sich von den Herausforderungen einer liberalen Gesellschaft überfordert fühlen, suchen nach Halt in Gruppen ähnlich Denkender. Dort bestätigt man sich gegenseitig, dass man nicht selbst für die eigene unbefriedigende Situation verantwortlich ist. Das ist aber nur der erste Schritt. Der nächste besteht im Versuch der eigenen Aufwertung – und zwar über die Abwertung anderer. Minderheiten wie Juden, Muslime oder Ausländer, aber auch gleich „die Politiker“, „die Lügenpresse“ oder „das System“ als Ganzes stehen für sie für die Verfehlungen der offenen Gesellschaft, die es zu bekämpfen gilt.
Allgemeine Strategien
Die dritte wichtige Frage ist: Wie geht man am besten vor? Darauf kann es keine einfache Antwort geben. Denn wann haben Sie in letzter Zeit einen Menschen mit einem festen Standpunkt innerhalb eines Gesprächs nur mit Argumenten dazu gebracht, seine Position grundsätzlich zu überdenken? Während Sie noch grübeln, können wir Sie beruhigen: Sie sind nicht alleine.
Die Macht der Argumente im Diskurs wird gerne überschätzt. Das soll allerdings kein Plädoyer für einen postfaktischen Diskurs sein. Die Argumente sollten schon sitzen, aber sie müssen von der richtigen Kommunikationsstrategie begleitet werden. Das Arbeiten alleine mit Fakten kann ausschließlich dann funktionieren, wenn es in der Welt des Gegenübers schon Andockstellen gibt, etwa Zweifel, ob seine bisherige Meinung denn tatsächlich richtig ist. Hat man es mit jemandem zu tun, der schon maßgebliche Grundlagen unserer Gesellschaft ablehnt – die Demokratie, die Menschenrechte – darf man nicht verzagen, wenn man nicht mit jedem Argument durchdringt. Vielmehr sollte man sich bewusstmachen, dass schon viel erreicht ist, wenn man es schafft, Zweifel zu säen und damit zum Nachdenken anzuregen. Damit nimmt man den Druck aus dem Gespräch – und von den eigenen Schultern. Das soll natürlich nicht heißen, dass man sich nicht bemühen soll, im Umgang mit radikalen Meinungen zumindest einen Punktsieg zu erringen. Ganz im Gegenteil! Die Frage nach dem Wie ist allerdings nicht nur von der richtigen Strategie, sondern auch von der Ausgangssituation abhängig. Am ehesten besteht eine Chance, beim Gesprächspartner direkt etwas zu erreichen, wenn eine enge persönliche Beziehung, ggf. sogar ein langjähriges Vertrauensverhältnis besteht. Am geringsten ist diese Chance bei Unbekannten, die selbst zu rechten Demonstrationen (Pegida etc.) gehen oder Mitglied einer rechten Partei (AfD, NPD, Der Dritte Weg etc.) sind. Solche Debatten sind in der Regel nur dann sinnvoll, wenn Mithörer/Mitleser anwesend sind, die noch nicht dem einen oder anderen Lager zuzurechnen sind. Ansonsten muss man es auch einmal gut sein lassen können. Nachfolgend finden sich die wichtigsten von Soziologen, Psychologen und Kommunikationsexperten empfohlenen Strategien, um Diskussionen im eigenen Sinne zu gestalten und Radikalen möglichst nachhaltig den Zahn zu ziehen.
DOs
Einmischen: Wenn man oft sowieso nichts erreichen kann, kann man sich dann nicht gleich ganz heraushalten? Die Frage ist berechtigt, aber die Antwort ist klar: nein. Denn radikaler Hass erschöpft sich auf Dauer nie in Worten. Rechter Hass – ob von AfD- oder NPD-Politikern, Pegida-Rednern oder anonym im Netz geäußert – verstärkt Vorurteile bis hin zur Hassexplosion. Die gesellschaftliche Grundstimmung hat sich bereits deutlich verschlechtert. Eine weitere Eskalation würde eine Gefährdung für den liberalen Rechtsstaat und die offene Gesellschaft bedeuten. Deren Gegner brauchen den Rückenwind und das Gefühl, eigentlich für „das Volk“ zu sprechen, für die schweigende Mehrheit. Diesen Eindruck können sie aber nur bekommen, weil die wirkliche Mehrheit – die demokratische Mitte – tatsächlich viel zu oft schweigt und einer brüllenden Minderheit Raum zur Entfaltung gibt.
Selbstbewusst auftreten: Es gilt die Faustregel: Überzeugen kann nur, wer sich selbst stark fühlt. Es ist daher äußerst wichtig, sich Strategien auch für den Umgang mit persönlichen Angriffen zurechtzulegen. Das ist leichter gesagt als getan. Aber es ist möglich. Wenn man es schafft, seine Gefühle positiv zu beeinflussen, läuft man nicht mehr Gefahr, sich von negativen Gefühlen selbst beeinflussen zu lassen. Nur so schafft man es, auf Dauer die Kontrolle über den Diskurs zu behalten, das Gespräch zu lenken. Zeigt man hingegen Schwäche, werden die Demagogen genau dort ansetzen. Denn vergessen wir nicht: Menschliche Rücksichtnahme ist ihnen fremd. Sie versuchen all diejenigen, die anderer Meinung als sie sind, zu demütigen, zu verletzen, einzuschüchtern und sogar zu zerstören.
Richtige Diskursebene wählen: Menschen suchen in erster Linie nach Anerkennung, nach Bestätigung – nicht nach Fakten. Daher muss man in einer emotionalen Situation in der Lage sein, den Diskurs nicht nur auf der Fakten-, sondern auch auf einer Beziehungsebene zu führen. Echtes Interesse für die Gründe für Angst oder Hass öffnet, trotz aller verbleibenden Widersprüche, die Tür zur Lösungsfindung – wenn vielleicht auch nur einen Spaltbreit. „Offensichtlich nehmen wir die Situation unterschiedlich wahr. Lass uns doch mal schauen, wo die Unterschiede herkommen“, könnte so ein Satz sein, mit dem man sich nicht verbiegt, aber den Gesprächsfaden auch nicht zerreißt.
Einfache Sprache nutzen: Auch wenn man sich in bildungsbürgerlichen Kreisen gerne über Wahlprogramme oder Verwaltungsschreiben in „einfacher Sprache“, das heißt einfachen Hauptsatzkonstruktionen ohne Fremdwörter, mokiert: Der Ansatz ist richtig und wichtig. Demokraten können gegen Populisten in einem Wettbewerb um einfache Lösungen niemals gewinnen, denn dafür ist die Realität zu komplex. Was man aber tun kann: Komplexe Lösungen auf ihren Kern reduzieren und so einfach und verständlich wie möglich darstellen. Wer schon an der sprachlichen Ebene scheitert, wird seinen Gesprächspartner nie überzeugen können.
Nachfragen: Diese Strategie hat – richtig angewendet – gleich mehrere Funktionen. Zunächst einmal zwingt sie einen selbst zur Zurückhaltung, was in einer schwierigen Gesprächsatmosphäre vor Fehlern bewahrt. Darüber hinaus kann man durch Fragen die Hoheit über die Debatte erlangen, ohne dass es dem Gegenüber überhaupt bewusst ist. Denn: Wer fragt, der steuert. Das hilft insbesondere dann, wenn man sich unvorhergesehen und unvorbereitet in einer Diskussion mit Verkündern rechter Parolen wiederfindet. Durch Fragen wie die folgenden gewinnt man dann nicht nur Zeit, sondern zwingt den Gegenüber auch gleich, selbst die Karten auf den Tisch zu legen:
- „Woher weißt Du das?“
- „Bist Du selbst Zeuge des Vorfalls geworden?“
- „Hast Du die Aussage persönlich überprüft?“
- „Hast Du noch weitere Quellen gesucht?“
- „Ich kenne andere Aussagen, kannst Du Deine Behauptung bitte belegen?“
- „Wer sind denn ‚die‘ oder ‚die da oben‘, von denen Du immer redest? Kannst Du Beispiele nennen?“
Wichtig: Warum-Fragen sollte man möglichst vermeiden, weil sie in der Regel wie die Aufforderung zur Rechtfertigung wirken und eine Abwehrhaltung provozieren.
Dranbleiben: Setzt man die Fragen klug ein, kommt man in der Regel schnell an einen Punkt, an dem der Gesprächspartner unsicher wird – selbst wenn er das niemals zugeben würde. Dann gilt es, vor allem auch mit Blick auf die anderen an der Diskussion Beteiligten und die passiven Zuhörer, ihn aus dieser Sackgasse nicht mehr herauszulassen. Sollte er also versuchen, das Thema zu wechseln, sollte man darauf bestehen, dass die gestellten Fragen beantwortet werden. Sollte er versuchen, ohne Belege auf seinem Standpunkt zu beharren („Das weiß doch jeder, dass das so ist“), kann man nochmals um konkrete Beispiele und Namen bitten. Meistens kommt dann nicht mehr viel – Punktsieg!
Behauptungen prüfen: Vor allem bei Onlinediskussionen gibt es die Möglichkeit, konkrete Behauptungen recht schnell auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Initiativen wie Mimikama, Hoaxmap, Correctiv oder Schmalbart haben es sich zur Aufgabe gemacht, Internetgerüchten auf den Zahn zu fühlen und inzwischen ordentliche Datenbanken aufgebaut. Auch namhafte Medien recherchieren immer wieder zu solchen Themen, so hat etwa die Frankfurter Rundschau eine Serie zu „Mythen der Rechten“ gedruckt, die auch online zu finden ist. Einen Diskussionspartner live zu entzaubern hat zumindest auf die Zuhörer und Mitleser eine starke Wirkung. Generell gilt: Man sollte sich breit informieren und auch selbst nicht in seiner eigenen „filterbubble“ verharren.
Grenzen ziehen: Radikale brauchen Regelbruch und Grenzüberschreitung. Das bewirkt, dass in fast jedem Gespräch irgendwann der Moment kommt, in dem die Grenzen der Geduld des Gegenübers überschritten werden. Lässt man dies zu, kommt man danach nie wieder dahinter zurück. Durch das Ziehen von Grenzen behält man die Kontrolle und wirkt authentisch („Diese Aussage von Dir macht einen Diskurs unmöglich. Wenn Du an einem Dialog interessiert bist, musst Du Dich an die Regeln halten, die Du selbst für Dich in Anspruch nimmst“). Beides ist wichtig, um am Ende als Sieger aus der Diskussion hervorzugehen
Solidarität organisieren: Diese Strategie gilt natürlich nur für den Fall, dass man sich in einer größeren Runde und nicht im Zwiegespräch befindet. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele der Zuhörer von dominant bis aggressiv auftretenden Diskutanten einschüchtern lassen und deshalb still bleiben. Von den Agitatoren wird das gerne als schweigende Zustimmung gewertet. Gerade wenn sich in der Runde Menschen befinden, deren Position man kennt, ist es nicht verboten, diese direkt ins Gespräch mit einzubeziehen und um eine Stellungnahme zu bitten („Du siehst das doch sicher auch anders, oder?“ oder einfach „Was sagst Du denn dazu?“). Sobald man selbst die Mehrheit hinter sich hat, wird es eng für den Radikalen, der gerne vorgibt, für diese – die „schweigende Mehrheit“ – zu sprechen.
Zum Schein zustimmen und eigene Themen setzen: Spätestens an diesem Punkt beginnen die Strategien für „Fortgeschrittene“. Genau wie mit dem Nachfragen lässt sich durch vorgebliche Zustimmung das Gespräch in eine neue Richtung lenken, in der man sich selbst wohl und der Gesprächspartner sich unwohl fühlt. Wichtig ist, dass man mit der Zustimmung nicht zu weit geht und daran später gemessen wird. Mögliche Formulierungen könnten etwa sein: „Der Punkt ist tatsächlich wichtig, aber viel wichtiger ist noch…“ oder „Das hat mir schon mal jemand gesagt. Nachdem ich ihr die Hintergründe erklärt habe, hat sie das aber folgendermaßen gesehen…“ oder sogar „Das habe ich früher auch so gesehen. Dann ist mir allerdings XY begegnet/ folgendes passiert…“.
Humor gezielt einsetzen: Ein überspitzter, humorvoller Kommentar kann – sparsam dosiert und solange er nicht zu Zynismus wird – helfen, die Gegenseite zu verunsichern und Stärke demonstrieren. Wenn etwa jemand behauptet, Asylbewerber würden besser behandelt als Deutsche, kann ein Spruch wie „Es wird Dich sicher niemand davon abhalten, einer Flüchtlingsfamilie Deine Wohnung zu geben und selbst in eine von diesen luxuriösen Container-Sammelunterkünften zu ziehen“ die ganze Absurdität der Behauptung aufzeigen.
Beweglich bleiben: Man sollte sich selbst immer bewusst machen, dass es sinnvoll sein kann, während des Diskurses die Strategien zu wechseln. Denn nicht immer schätzt man zu Anfang die Situation oder den Gesprächspartner richtig ein. Wenn man eine Diskussion auch mit allen vorher beschriebenen Strategien nicht in den Griff bekommt und man beginnt, sich unwohl zu fühlen, sollte man auch den Abbruch des Dialogs als Möglichkeit immer im Hinterkopf haben. Denn auch wenn Radikale dann gerne etwas von Meinungsfreiheit erzählen: Niemand hat ein Anrecht darauf, dass man seinem Hass länger zuhört, als man selbst will.
Den Rechtsstaat zur Hilfe holen: Wer den liberalen Rechtsstaat behalten will, muss auch mithelfen, ihn zu beschützen. Wenn also in Gesprächen oder Online-Diskussionen tatsächlich volksverhetzende oder verleumderische Behauptungen in den Raum gestellt und selbst auf Nachfrage weder belegt noch zurückgenommen, sondern im Gegenteil sogar noch bestärkt werden, kann das ein Fall für Polizei und Staatsanwaltschaft sein. Aufrufe zum Mord an Flüchtlingen und Politikern, Drohungen in Richtung anderer Gesprächspartner, mit ihnen kurzen Prozess zu machen, wenn man erst einmal an der Macht ist oder das Leugnen des Holocausts sind Beispiele, die man nicht einfach so stehen lassen sollte. Mit Denunziantentum hat das übrigens nichts zu tun, wie von den selbsternannten Verfechtern der Meinungsfreiheit gerne behauptet wird. Die Grenzen des Erlaubten definiert das Strafrecht. Da verhält es sich dann nicht anders als bei Eigentumsoder Gewaltdelikten.
DON'Ts
Laut oder ausfällig werden, weil das dem Gegenüber die Möglichkeit bietet, in die geliebte Opferrolle zu schlüpfen („Gesinnungsterror“, „Es gibt keine Meinungsfreiheit mehr.“).
Moralisieren, denn das würde es dem Gegenüber zu leicht machen, sich mit einem Verweis auf „Political Correctness“ und „Gutmenschentum“ aus der Verantwortung zu stehlen, ohne seine Behauptungen belegen zu müssen.
Von oben herab argumentieren („Du hast offenbar keine Ahnung“), denn das wirkt unsympathisch. Lieber in Frageform („Kennst Du die Studie von XY, die das Gegenteil sagt? Was sagst Du dazu?“) die Information unterbringen und den Gesprächspartner zwingen, Stellung zu nehmen. Auch die Bagatellisierung von Ängsten nach dem Motto „Wenn wir sonst keine Probleme haben…“ oder „Als ob das alles wirklich so schlimm wäre…“ sollte man unterlassen.
Im Befehlston agieren („Hör doch auf mit dem Quatsch!“ oder „Jetzt reiß Dich doch mal zusammen“), Vorwürfe formulieren („Du willst es wohl einfach nicht verstehen!“) oder gar drohen („Das wird Dir noch leidtun!“), denn das provoziert nur Trotzreaktionen.
Dogmatisch auftreten: Es ist durchaus in Ordnung, den Gegner mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Dumm ist allerdings, seine Fehler zu wiederholen, etwa indem man selbst dann widerspricht, wenn der DON’Ts Gegenüber vielleicht eine Teilwahrheit für sich hat (besser: „An der Stelle kann ich Dir sogar Recht geben, das sehe ich auch so. Aber Deine Ableitung teile ich deshalb trotzdem nicht“). Um beim Beispiel der Flüchtlingsdebatte zu bleiben: Man kann durchaus deutliche Kritik an der Politik der Bundesregierung vorbringen, ohne deshalb aber automatisch in fremdenfeindliche Argumentationsmuster zu verfallen.
Übertreiben: Vermutlich kennt jeder den Impuls, jemandem, dessen Weltsicht man unerträglich findet, das Gegenteil beweisen zu wollen. Nur: Nicht immer ist genau dieses automatisch wahr. Wenn jemand sagt, alle Asylbewerber seien Terroristen, ist es schlicht falsch, im Umkehrschluss zu behaupten, kein Asylbewerber sei (potenzieller) Terrorist. Gerade mit der übermäßig guten Darstellung angegriffener Bevölkerungsgruppen und dem Negieren offensichtlicher Probleme macht man sich unglaubwürdig – und spielt dem Gegenüber nur in die Hände. Gerade wenn es um Humanität geht, ist das übrigens auch gar nicht notwendig. Der Anspruch auf eine rechtsstaatliche Prüfung eines Asylantrages etwa ist nicht daran geknüpft, dass ein Mensch gut sein muss, sondern alleine daran, dass er Mensch ist.